Armutsforscher Butterwegge

Soziale Ungleichheit ist ein Kernproblem

Die wachsende soziale Ungleichheit ist nach Ansicht des Kölner Politologen und Armutsforschers Christoph Butterwegge ein Kernproblem in Deutschland und auch weltweit.

Schriftzug "Armut!" an einer Wand / © Jens Kalaene (dpa)
Schriftzug "Armut!" an einer Wand / © Jens Kalaene ( dpa )

"Ungleichheit ist die Mutter aller Migrationsbewegung", sagte er am Samstag auf der Tagung "Sozialer Frieden in Deutschland" der Evangelischen Akademie Hofgeismar. Wenn etwas gegen das Migrationsproblem unternommen werden solle, so müsse die Ungleichheit aufgrund wachsender Armut in der Welt bekämpft werden und nicht die Flüchtlinge.

In Deutschland gebe es sowohl absolute als auch relative Armut, sagte Butterwegge, der 2017 auf Vorschlag der Linken auch für das Amt des Bundespräsidenten kandidiert hatte. Absolut sei Armut, wenn die Menschen etwa unter Hunger und fehlender Kleidung leiden müssten sowie obdachlos seien. In Deutschland treffe dies insbesondere auf die 52.000 Obdachlosen zu. In relativer Armut lebe jemand, der zwar seine Grundbedürfnisse befriedigen könne, aber von der Teilhabe am kulturellen und politischen Leben ausgeschlossen sei. Diese Menschen träfen zudem Vorwürfe, sie seien selbst an ihrer Lage schuld.

Zwei Seiten einer Medaille

Armut und Reichtum seien grundsätzlich zwei Seiten einer Medaille, sagte Butterwegge. "Beide bedingen einander, der Reichtum basiert auf der Armut der anderen", sagte er. Als Gründe für die fortschreitende Aufspaltung der Gesellschaft in Deutschland in Arme und Reiche nannte er die Schaffung eines Niedriglohnsektors, die Demontage des Sozialstaates sowie eine unsoziale Steuerpolitik. Letztere funktioniere nach dem biblischen "Matthäusprinzip": "Wer hat, dem wird gegeben, wer wenig hat, dem wird auch das wenige genommen, was er hat". Dieses Prinzip zeige sich etwa bei der Senkung des Spitzensteuersatzes, der Aussetzung der Vermögenssteuer sowie einer fehlenden Börsenumsatzsteuer. "Deutschland ist für viele Reiche eine Steueroase", kritisierte Butterwegge.

Um ein weiteres Auseinanderdriften der Gesellschaft zu vermeiden, müsse unter anderem der Spitzensteuersatz wieder angehoben und die Vermögenssteuer erneut eingeführt werden, forderte Butterwegge. Nötig sei zudem eine Bürgerversicherung sowie der Wegfall der Beitragsbemessungsgrenze für die Beiträge in die Rentenversicherung. "Wir brauchen eine inklusiven Sozialstaat", sagte er.


Christoph Butterwegge / © Jörg Carstensen (dpa)
Christoph Butterwegge / © Jörg Carstensen ( dpa )
Quelle:
epd