Zum 50. Todestag des deutschen Kurienkardinals Augustin Bea

Pionier der Ökumene, Werkmeister der Aussöhnung mit dem Judentum

In den meisten Darstellungen kommt er zu kurz: Kardinal Augustin Bea verkörperte in Rom Weitsicht und Milde. Beharrlicher Kämpfer im Stillen, tat der Jesuit aus Baden gegen größte Widerstände Enormes für die Ökumene.

Autor/in:
Timm Maximilian Hirscher und Anselm Verbeek
V.r.: Papst Johannes XXIII. mit Kardinal Augustin Bea, der erste Präsident des Sekretariates für die Einheit der Christen, Roger Schütz, Prior der Gemeinschaft von Taize, und Max Thurian.  / ©  Ernst Herb (KNA)
V.r.: Papst Johannes XXIII. mit Kardinal Augustin Bea, der erste Präsident des Sekretariates für die Einheit der Christen, Roger Schütz, Prior der Gemeinschaft von Taize, und Max Thurian. / © Ernst Herb ( KNA )

Sein Name mag nicht dieselbe Bekanntheit haben wie die seiner deutschen Amtsbrüder Frings oder Döpfner. Doch der deutsche Kurienkardinal Augustin Bea, der vor 50 Jahren am 16. November starb, war ein Pionier der Ökumene. Er gilt als Wegbereiter der theologischen Normalisierung zwischen Christen und Juden.

Geboren wurde Bea am 28. Mai 1881 als Sohn eines Zimmermanns und Kleinbauern im badischen Riedböhringen nahe Donaueschingen. Auf dem Gymnasium in Konstanz erhielt der Musterschüler nur Bestnoten - bis auf Religion. Das Auswendiglernen katechetischer Weisheiten lag ihm nicht. Bea studierte Theologie, trat 1902 den Jesuiten bei, die damals in Deutschland noch verboten waren. Ihn zog die intellektuelle Kraft des Ordens an.

Viele Talente des jungen Priesters

Stationen waren niederländische Ordensniederlassungen, aber auch die Universitäten in Innsbruck und Berlin: Theologie und Philosophie, klassische Philologie und orientalische Sprachen. Der junge Priester und Wissenschaftler konnte zudem hervorragend organisieren. In Aachen gründete Bea die erste Niederlassung des noch verbotenen Ordens auf deutschem Boden. Weitere sollten folgen.

1924 riefen ihn die Ordensoberen nach Rom. Bea übernahm einen Lehrstuhl an der Gregoriana; im Folgejahr reiste er nach Japan. In Tokio lief Bea zu Hochform auf: Die dortige Jesuiten-Uni Sophia erweiterte er von 200 auf 1.200 Studienplätze.

Fürsprecher der Aufbrüche in der Kirche

Von 1930 bis 1949 war Bea Rektor des Päpstlichen Bibelinstituts. Dort führte er die katholische Bibelwissenschaft behutsam aus der antimodernistischen Sackgasse. In seiner freundlich-ausgeglichenen Art bewährte sich der Jesuit als Gelehrter, Organisator und Diplomat. Hinzu kamen weitere wichtige Funktionen an der Kurie. Viele Jahre lang war er Beichtvater und enger Berater von Papst Pius XII. (1939-1958).

Unter Pius XII. und Johannes XXIII. wurde Bea zum einflussreichen Fürsprecher der Aufbrüche in der Kirche, etwa der Revision des Bibeltextes, der Liturgiereform und der ökumenischen Bewegung. 1959 machte ihn Johannes XXIII. zum Kardinal.

Gemeinsam mit anderen gab Bea den entscheidenden Impuls zur Gründung des päpstlichen Sekretariats zur Förderung der Einheit der Christen. 1960 übertrug ihm Johannes XXIII. die Leitung der neuen Einrichtung, die unter ihm und dem dynamischen Sekretär Johannes Willebrands das aufziehende Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) prägte wie keine andere Kurienbehörde.

Ökumene-Dekret

Maßgeblich war Bea daran beteiligt, dass das Ökumene-Dekret sowie die Erklärungen über die Religionsfreiheit und das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen verabschiedet wurden: Meilensteine zum Abbau von Barrieren zwischen den Konfessionen und wichtige Schritte zu einer interreligiösen Zusammenarbeit.

Während der Sitzungspausen des Konzils warb der Kardinal geschickt für die Idee der christlichen Einheit und Öffnung der Kirche zur modernen Welt: durch Publikationen und Vorträge, die er als Konzilsbotschafter in Europa und den USA hielt. Dem Jesuiten galt Religionsfreiheit als ein Menschenrecht, Harmonie unter den Religionen als Gewähr für den Weltfrieden.

Größter Herzenswunsch, ganz im Sinne Johannes XXIII., war dem Alttestamentler die Aussöhnung mit dem Judentum. Unermüdlich wiederholte er sein Credo: Die Heilige Schrift sei "der gemeinsame Boden, auf dem wir und die getrennten Brüder stehen."

Geschätzt in allen christlichen Kirchen

Beas Ökumene-Bemühungen stießen in- und außerhalb der Kirche teils auf große Widerstände. Dabei war er alles andere als ein Revolutionär; vielmehr ein gemäßigter Konservativer, der wie Johannes XXIII. für ein sogenanntes Aggiornamento, eine "Verheutigung" der Kirche eintrat.

Beas Bedeutung wurde damals nicht nur in der katholischen Kirche gesehen. Geschätzt wurde er in allen christlichen Kirchen. Anglikaner, Altkatholiken, Orthodoxe und die evangelische Christenheit sahen in ihm einen Wegbereiter der Einheit. 1966 erhielt er in der Frankfurter Paulskirche den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, wurde Ehrendoktor der Harvard-Universität. Am 16. November 1968 starb Bea 87-jährig in Rom. Beigesetzt wurde er in seiner Heimat Riedböhringen. Die "Neue Zürcher Zeitung" würdigte ihn damals als den "liebenswürdigsten Sendboten des Vatikan".


Quelle:
KNA