AfD drängt auf Kündigung der Regelungen mit den beiden Kirchen

NRW-Landtag debattiert über Kirchenasyl

Die Zahl der Fälle von Kirchenasyl steigt. Auch die Debatten darüber nehmen zu - im Zentrum die Frage, was Kirche darf und was staatliches Hoheitsgebiet ist. Die AfD stellt die Regelung jetzt im Düsseldorfer Landtag infrage.

Symbolbild Kirchenasyl / © Axel Heimken (dpa)
Symbolbild Kirchenasyl / © Axel Heimken ( dpa )

Der Düsseldorfer Landtag wird in dieser Woche erneut über die Zulässigkeit des Kirchenasyls für von Abschiebung bedrohte Asylbewerber streiten. Auslöser ist ein Antrag der AfD-Fraktion, das Kirchenasyl zukünftig strikt zu untersagen und entsprechende Sonderregelungen mit den beiden Kirchen umgehend aufzukündigen. Alleine der Staat habe über die Gewährung von Schutz oder Rückführungen zu entscheiden. "Kirchenasyl ist kein in der Rechtsordnung anerkanntes Rechtsinstitut", heißt es in dem Antrag der Rechtspopulisten, der für Donnerstag zur Beratung ansteht.

"Kirchenasyl gehört zu Deutschland"

Dagegen vertritt NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) die Auffassung: "Das Kirchenasyl gehört zu Deutschland." Es sei "Ausdruck unserer christlichen Tradition". Doch ausgerechnet die AfD, die sich gerne als Gralshüter des christlichen Abendlandes geriert, will im Landesparlament durchsetzen, dass "alle derzeit bestehenden Fälle von Kirchenasyl umgehend beendet" werden.

Dabei stützt sich die Rechtsaußen-Partei auf ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) München vom 3. Mai dieses Jahres. In dem Urteil hatten die Münchner Richter eine "fehlende Rechtsgrundlage" für die Gewährung von Kirchenasyl festgestellt. Der Schutz eines vor der Abschiebung stehenden Ausländers in kirchlichen Räumen sei "grundsätzlich strafbar".

"Grundsatz der Verhältnismäßigkeit"

Dennoch will die schwarz-gelbe Landesregierung beim Kirchenasyl für von Abschiebung bedrohte Asylbewerber weiterhin nach dem "Grundsatz der Verhältnismäßigkeit" verfahren. In einem konkreten Fall von Kirchenasyl müssten durch eine frühzeitige Konsultation zwischen Kirchengemeinde und Ausländerbehörde "Handlungsspielräume im Rahmen des geltenden Rechts" sorgfältig ausgelotet werden, sagt NRW-Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP). Diese Vorgehensweise habe sich in der Vergangenheit durchaus bewährt.

Stamp erinnert daran, dass es in Nordrhein-Westfalen bereits seit mehr als 20 Jahren Absprachen mit den Kirchen für Fälle von Kirchenasyl gebe. Grundlage dafür sei eine Vereinbarung mit der Evangelischen Kirche im Rheinland aus dem Jahre 1995. Darin werde "dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit" eine besondere Bedeutung beigemessen.

Die NRW-Landesregierung will zudem der Vereinbarung zum Kirchenasyl zwischen den beiden großen Kirchen und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in der Praxis mehr Geltung verschaffen. Darüber werde angesichts der steigenden Zahlen von Kirchenasyl ein länderoffenes Gespräch mit Kirchenvertretern angestrebt, kündigt Stamp an.

Kirchenasyl möglichst verhindern oder verkürzen

Die Vereinbarung der katholischen und evangelischen Kirche mit dem BAMF vom Februar 2015 sieht vor, dass Kirchenasyl möglichst bereits im Vorfeld verhindert oder verkürzt werden soll. Demnach wird das Kirchenasyl vom Bundesamt grundsätzlich nicht in Frage gestellt.

Gleichzeitig versichern die Kirchen, dass sie damit kein eigenes Recht neben dem Rechtsstaat in Anspruch nehmen. Zuletzt hatte der Präsident des Düsseldorfer Verwaltungsgerichts, Andreas Heusch, die Politik aufgefordert, gegen einen zunehmenden Missbrauch von Kirchenasyl zur Verhinderung von Abschiebungen einzuschreiten. Damit begründet die AfD nun ihren parlamentarischen Vorstoß im Düsseldorfer Landtag zur sofortigen Abschaffung des Kirchenasyls.

Mehr als 600 Fälle von Kirchenasyl in zwei Jahren

Die meisten sind sogenannte Dublin-Fälle, die über ein anderes EU-Land nach Deutschland gekommen sind. Sie können innerhalb von sechs Monaten in das Ersteinreiseland rücküberstellt werden. Läuft diese Frist ab, ist Deutschland für den Asylantrag zuständig. Seit dem 1. August verlängert sich bei Kirchenasylfällen unter bestimmten Bedingungen diese Frist auf 18 Monate.

Nach Angaben der ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft "Asyl in der Kirche" waren Mitte November vergangenen Jahres 531 Asylsuchende in deutschen Kirchengebäuden untergebracht. In den beiden Jahren zuvor wurden bundesweit 692 und 620 Fälle von Kirchenasyl registriert. Vor dem Anstieg der Zuwanderung war für Flüchtlinge lediglich in 50 Fällen (2012) und 79 Fällen (2013) Kirchenasyl gewährt worden.

Von Johannes Nitschmann


Quelle:
KNA
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