Hilfe für Erdbeben- und Tsunamiopfer auf Sulawesi läuft an

"Wir werden hier gebraucht"

Erdbeben und Tsunami in Zentralsulawesi kosteten mehr als 1.500 Menschen das Leben; 65.000 Häuser wurden beschädigt oder zerstört. Diese Bilanz des Schreckens ziehen die UN eine Woche nach der Katastrophe in Indonesien.

Autor/in:
Michael Lenz
Provisorische Wäsche unter freiem Himmel / © Tatan Syuflana (dpa)
Provisorische Wäsche unter freiem Himmel / © Tatan Syuflana ( dpa )

Putu Ardika hat sich dem Exodus der Menschen aus dem Erdbeben- und Tsunamigebiet auf Sulawesi nicht angeschlossen. "Wir werden hier gebraucht", sagt der indonesische Psychologe aus der Provinzhauptstadt Palu der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Telefon.

"Meine Mutter ist Krankenschwester und ich betreue traumatisierte Kinder." Dabei sind Putu und seine Familie selbst Opfer der Katastrophe. "Unser Haus wurde beschädigt. Wir kampieren derzeit in einem provisorischen Zelt auf der Straße. Das ist sicherer, weil es noch viele Nachbeben gibt."

Hier in Zentralsulawesi hatten vor einer Woche ein Erdbeben und ein darauffolgender Tsunami mindestens 1.500 Menschenleben gefordert, 65.000 Häuser wurden zerstört oder beschädigt. Es gab zahlreiche Verletzte.

Medizinische Hilfe vonnöten

Ärztliche Hilfe hat aktuell auch für die katholische Hilfsorganisation Caritas Indonesien Priorität. "Ein Team von Ärzten, Chirurgen, Gesundheitsexperten und Hebammen ist vor Ort in Krankenhäusern und mobil in den Notlagern im Einsatz", berichtet Caritas-Mitarbeiter Yushan Ismael aus Jogjakarta. Mehr als 2.500 Menschen seien durch die Doppelkatastrophe verletzt worden; inzwischen litten zudem immer mehr Menschen an Durchfallerkrankungen. "Die sanitären Bedingungen in Palu und in den Lagern sind nicht gut."

Die Arbeitsbedingungen der Caritas-Teams und vieler anderer Hilfsorganisationen sind auch acht Tage nach der Katastrophe schwierig. Noch immer gibt es in der betroffenen Region kaum Strom. Die beschädigten Straßen sind nur schwer passierbar.

Caritas-Mitarbeiter Yushan ist trotzdem optimistisch: "Irgendwie kommt unser Team schon durch", sagt er, der selbst an diesem Samstag nach Sulawesi aufbrechen wird.

Wie genau er und seine Kollegen an den Einsatzort kommen und wie lange es dauern wird, Palu zu erreichen, ist am Tag zuvor noch unklar. "Wir fliegen zunächst nach Makasar. Wenn wir Glück haben, können wir dann in einer Militärmaschine nach Palu mitfliegen. Wenn nicht, bleibt uns nur der Landweg über Mamuju. Das dauert etwa 16 Stunden."

Unterdessen warten Helfer des Internationalen Roten Kreuzes (IRK) am Flughafen von Palu auf das Eintreffen von Hilfsgütern. "Es sollen Generatoren, Zeltplanen und Kanister geliefert werden", sagt IRK-Mitarbeiterin Iris van Deinse. Am Vormittag hatte das Rote Kreuz Wasser, Reis und Decken an Überlebende der Katastrophen verteilt. "Die Menschen hier sind noch immer im Schockzustand", so van Deinse.

Frühwarnsystem wird gecheckt

Noch ist unklar, wie es zu der Katastrophe kommen konnte. Das indonesische Tsunami-Frühwarnsystem, das nach dem verheerenden Tsunami an Weihnachten 2004 von einem internationalen Konsortium unter Federführung des Deutschen GeoForschungsZentrums (GFZ) aufgebaut worden sei, habe fünf Minuten nach dem Beben eine Warnung vor einem Tsunami mit Höhen zwischen 0,5 und 3 Metern ausgegeben, heißt es auf der Webseite des GFZ. Die Warnung sei 20 Minuten später wieder aufgehoben worden. "Aus Sicht des GFZ hat das Frühwarnsystem technisch funktioniert. Etwaige Lücken in der Übermittlung der Warnung sind noch zu klären."

Der Tsunami von Sulawesi hat die Wissenschaftler trotzdem überrascht. Die "Lage des Epizentrums, die Bebenstärke und der Bebenherd" seien laut GFZ "untypisch für die Auslösung eines solchen Tsunamis" gewesen. Andere Experten vermuten, die trichterförmige Bucht von Palu habe die Wucht des Tsunamis verstärkt und dazu beigetragen, dass die Welle bis zu sechs Meter hoch war.

Indonesien ist wegen seiner Lage im Pazifischen Feuerring immer wieder Schauplatz von Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüchen. Durch den Tsunami in Aceh Ende 2004 kamen mehr als 100.000 Menschen ums Leben. Im Juli und August dieses Jahres forderte eine Erdbebenserie auf Lombok mehrere Hundert Tote. Zehntausende Menschen wurden obdachlos.

Auf 50,5 Millionen US-Dollar bezifferten die UN, indonesische und internationale Hilfsorganisationen in einem "Response Plan" den finanziellen Bedarf für Hilfen in Sulawesi. 191.000 Menschen seien bei dem Wiederaufbau ihrer Lebensgrundlagen auf internationale Hilfe angewiesen. Anita Nirody, UN-Vertreterin in Indonesien, betonte, der Response Plan beinhalte auch die "notwendige Logistik, damit die Hilfe all jene erreicht, die sie brauchen".


Quelle:
KNA
Mehr zum Thema