Einsatz im Hambacher Forst und Proteste gehen weiter

Warten auf Gesprächsangebot

Die Polizei hat mit Räumung des größten Baumhausdorfs "Oaktown" im Hambacher Forst begonnen. Die Aktivisten wollen weiterhin gewaltlosen Widerstand leisten und werden von immer mehr Demonstranten bundesweit unterstützt.

Zwei Baumhäuser in Oaktown, eine der größten Baumhaussiedlungen im Hambacher Forst / © Kathy Ziegler (DR)
Zwei Baumhäuser in Oaktown, eine der größten Baumhaussiedlungen im Hambacher Forst / © Kathy Ziegler ( DR )

Die Räumung des Protestcamps von Braunkohleaktivisten im Hambacher Forst geht weiter. Bäume würden gefällt, um dafür benötigtes schweres Gerät in den Wald zu bringen, teilte die Polizei Aachen am Freitag mit. Seit Beginn des Einsatzes am Donnerstag wurden nach Polizeiangaben vier Baumhäuser entfernt.

"Die Räumung hat begonnen", sagte eine Polizeisprecherin am Freitagmittag. Die Einsatzkräfte haben begonnen die größten Baumhaussiedlungen zu räumen. Noch würden sie von der Bühne eines Hebekrans aus mündlich mit den Baumhausbewohnern von "Oaktown" verhandeln. Das Dorf besteht aus acht Baumhäusern.

14:13 Hubsteiger fährt zu Simona. Schwere Maschinen gefährden Menschen die unter der Hütte angekettet sind! #HambacherForst #HambiBleibt

— Oaktown (@Oaktown1312) 14. September 2018

Die Bewohner kündigten gewaltlosen Widerstand an. Einer von ihnen, Clumsy, sagte der Deutschen Presse-Agentur, er werde sich an einen Betonblock ketten. "Die anderen wollen entweder ganz hoch in die Baumwipfel klettern oder sich auch an etwas festketten." Clumsy hat nach eigenen Worten vier Jahre in "Oaktown" gewohnt.

Aktivisten protestieren vor NRW-Landesvertretung in Berlin

Weitere Aktivisten protestierten unterdessen vor der Landesvertretung von Nordrhein-Westfalen in Berlin, wie die Vertretung bestätigte. Die Braunkohlegegner vom Bündnis "Ende Gelände" kündigten an, die Landesvertretung in Berlin so lange besetzt zu halten, bis die Regierung den Polizeieinsatz beende.

Der Essener Energiekonzern RWE sei eine Gefahr für den Wald und das Klima weltweit, erklärte Sprecherin des Bündnisses,Karolina Drzewo. "Eine Regierung, die diesen Konzern mit einem Großaufgebot von Polizei bei der Räumung und Rodung des Waldes unterstützt, hat ihre gesellschaftliche Legitimation verspielt", sagte die Umweltschützerin.

Eilanträge abgelehnt

Einzelne Waldbewohner hatten versucht, die Räumungen mit Eilanträgen zu verhindern. Nachdem das Verwaltungsgericht Köln die Räumung als rechtmäßig bestätigt hatte, reichte der Bewohner Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Münster ein, wie das Gericht am Freitag bestätigte. Das Kölner Gericht hatte am Donnerstag erklärt, die Räumung sei rechtmäßig, das Einschreiten wegen der Waldbrandgefahr gerechtfertigt (AZ: 23 L 2060/18).

Das Landesbauministerium hatte die Stadt Kerpen und den Kreis Düren mit der Räumung beauftragt. Bei einer Ortsbesichtigung Ende August seien gravierende Brandschutzmängel festgestellt worden. Im Wald befinden sich nach Angaben der Umweltschützer über 60 Baumhäuser und rund 250 Bewohner.

Vermittlung gescheitert

Vermittlungsbemühungen zwischen dem Energiekonzern RWE und Umweltschützern waren am Dienstag gescheitert. Das Unternehmen hält an seinem Plan fest, Mitte Oktober mit den Rodungen zu beginnen. Ilona Steffens von der Naturschutzorganisation NABU NRW bedauerte im Interview mit DOMRADIO.DE, dass Ministerpräsident Laschet sich bislang nicht an die Demonstranten gewandt hat, sondern sich nur zugunsten von RWE äußere.

Die Proteste gegen die Räumungsaktion und die Rodung des Hambacher Forsts nehmen seitdem täglich zu. Vor dem Forst steht eine Mahnwache. Am Donnerstagnachmittag sind Demonstranten bis in den Wald vorgedrungen. Katholische und evangelische Pfarrer haben eine Sitzblockade gebildet.

Der Protest hat viele Gesichter: Pfarrer Martin Gaevert wird gestern früh aus einer Sitzblockade mit sechs seiner Kolleg*innen entfernt. Damit wollten sie die Räumung und weitere Zerstörung des #HambacherWald gegen Polizei und #RWE verteidigen. #hambibleibt pic.twitter.com/u4q3T6vG6x

— BUND (@bund_net) 14. September 2018

Die Vorsitzende des Dürener Katholikentags, Irene Mörsch, sagte im DOMRADIO.DE, sie sehe den sozialen Frieden gefährdet. Denn bislang trage weder RWE noch die Politik etwas zur Deeskalation des Konflikts bei. In mehreren deutschen Städten fanden Solidaritätskundgebungen statt. Rund 200 Menschen hatten am Donnerstag vor der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei in Düsseldorf demonstriert.

Mobilisierung der Bevölkerung

"Ende Gelände" kündigte an, dass mit der Räumung eine bundesweite Mobilisierung beginne. Tausende Menschen würden sich in den nächsten Tagen mit Demonstrationen, Sitzblockaden und Waldspaziergängen für den Erhalt des Waldes einsetzen.

Unterstützung erhalten die Umweltschützer von der nordrhein-westfälische Polizeigewerkschaft. "Wir haben immer gefordert, dass erst geredet werden muss - dann gerodet", sagt der Vorsitzende Michael Mertens. Alles müsse ausdiskutiert werden, damit man wisse, ob eine Rodung wirklich Sinn mache.

"Wir haben immer gefordert, dass erst geredet werden muss – dann gerodet. Dass wir alles ausdiskutieren müssen und am Ende des Tages wissen müssen, wenn der #HambacherForst wirklich mal gerodet wird, es auch Sinn macht."#wirmischenunsein pic.twitter.com/8ad2z4vcLP

— GdP NRW (@gdp_nrw) 14. September 2018

Der Energiekonzern RWE will im Herbst weite Teile des Waldes abholzen, um weiter Braunkohle baggern zu können. Die Baumhäuser der Besetzer gelten als Symbol des Widerstands gegen die Braunkohle.


Ein Aktivist hängt im Hambacher Forst an Seilen zwischen den Bäumen / © Marius Becker (dpa)
Ein Aktivist hängt im Hambacher Forst an Seilen zwischen den Bäumen / © Marius Becker ( dpa )

Proteste gegen die Rodung des Hambacher Forst / © Henning Martin Schoon (DR)
Proteste gegen die Rodung des Hambacher Forst / © Henning Martin Schoon ( DR )

Polizisten seilen im Hambacher Forst einen Aktivisten aus einem Baumhaus ab. / © Henning Kaiser (dpa)
Polizisten seilen im Hambacher Forst einen Aktivisten aus einem Baumhaus ab. / © Henning Kaiser ( dpa )
Quelle:
epd , dpa , DR
Mehr zum Thema