Kirche appelliert an Zivilgesellschaft in Köthen

Zeit für Trauer und Besonnenheit

Nach dem Tod eines 22-Jährigen in Köthen ist es bei Demonstrationen am Sonntagabend in der sachsen-anhaltischen Stadt friedlich geblieben. Vertreter aus Kirche und Politik hatten im Vorfeld zur Besonnenheit gemahnt.

Trauer in Köthen / © Hendrik Schmidt (dpa)
Trauer in Köthen / © Hendrik Schmidt ( dpa )

Die in Halle erscheinende "Mitteldeutsche Zeitung" (online) berichtete unter Berufung auf die Polizei von etwa 2.500 Teilnehmern bei einem Trauermarsch durch die Stadt. Mobilisiert hatten dafür auch Rechtsextreme aus ganz Mitteldeutschland, hieß es. Der junge Mann war in der Nacht von Samstag auf Sonntag nach einem Streit mit zwei Afghanen an Herzversagen gestorben.

Untersuchungshaftbefehl gegen mutmaßliche Täter erlassen

Wie Polizei und Staatsanwaltschaft in der Nacht zu Montag in Dessau-Roßlau mitteilten, erließ das Amtsgericht Dessau-Roßlau inzwischen Untersuchungshaftbefehl gegen die beiden an dem Streit beteiligten Afghanen. Gegen die 18- und 22-jährigen Tatverdächtigen werde wegen des Verdachts der Körperverletzung mit Todesfolge ermittelt. Beide befänden sich in Untersuchungshaft, die Ermittlungen dauerten an.

Sachsen-Anhalts Justizministerin Anne-Marie Keding und Innenminister Holger Stahlknecht (beide CDU) wollen am Vormittag in Magdeburg bei einer Pressekonferenz über weitere Details zu dem Fall informieren.

Junger Mann stirbt an Herzversagen

Laut Obduktionsergebnis starb der 22-jährige Köthener durch akutes Herzversagen. Dieses stehe "nicht im direkten kausalen Zusammenhang mit den erlittenen Verletzungen". Auslöser der Auseinandersetzung war offenbar ein Streit zwischen zwei Deutschen und zwei Afghanen. Dabei soll es nach Medienberichten möglicherweise um die Schwangerschaft einer Frau gegangen sein. Der 22-Jährige kam zunächst noch ins Krankenhaus, wo er später starb.

In sozialen Netzwerken war nach Bekanntwerden des Todesfalls umgehend zu Demonstrationen aufgerufen und Parallelen zum Fall im sächsischen Chemnitz vor zwei Wochen hergestellt worden. Nach den dortigen Ausschreitungen hatte die Polizei umgehend ein größeres Aufgebot auch mit Unterstützung aus benachbarten Bundesländern zusammengezogen.

Ausschreitungen oder Gewaltszenen am Rande des Trauermarsches wurden jedoch nicht bekannt. Es wurden unter anderem Blumen und Kerzen an dem Ort niedergelegt, wo der 22-jährige seine tödlichen Verletzungen erlitten hatte. Laut "Mitteldeutscher Zeitung" wurde die Stimmung nach Abschluss des Trauermarsches jedoch zunehmend aggressiv.

Zu einer unter anderem von der Linken-Landtagsabgeordneten Henriette Quade kurzfristig organisierten Gegendemonstration "Rassistische Hetzjagden verhindern bevor sie entstehen" kamen nur wenige Dutzend Menschen. Quade berichtete im Kurznachrichtendienst Twitter von etwa 200 Teilnehmern.

Trauerandacht der Evangelischen Landeskirche

An einer kurzfristig organisierten Trauerandacht der Evangelischen Landeskirche Anhalts in der Köthener St.-Jakobskirche hatten am frühen Abend mehrere Hundert Menschen teilgenommen.

Vertreter aus Politik und Kirche mahnten zur Besonnenheit. Die Zivilgesellschaft sei aufgerufen, sich durch die Gewalttat nicht instrumentalisieren zu lassen, sagte der Kirchenpräsident der Evangelischen Landeskirche Anhalts, Joachim Liebig, dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Sachsen-Anhalts Innenminister Stahlknecht betonte, er habe volles Verständnis für die Betroffenheit der Bürger, bitte aber um Besonnenheit.

Sachsen-Anhalts Integrationsbeauftragte Susi Möbbeck (SPD) reagierte auf Twitter mit den Worten: "So Traurig. Ein Mensch ist gewaltsam zu Tode gekommen. Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen." Weiter betonte Möbbeck: "Gewalt ist immer und überall zu verurteilen. Zeit für Trauer. Zeit für Besonnenheit. Passt aufeinander auf."

In Chemnitz war vor zwei Wochen ein 35-jähriger Deutsch-Kubaner am Rande des Stadtfestes im Streit erstochen worden. Tatverdächtig sind drei Asylsuchende. Nach der Tat war es zu rechtsgerichteten Demonstrationen mit Angriffen auf ausländisch aussehende Menschen, Polizisten und ein jüdisches Restaurant gekommen.


Quelle:
epd