Tag der Kriegsdienstverweigerer - Blick auf Bundesfreiwilligendienst

Mehr als nur Zeit absitzen

Militärdienstverweigerung ist ein Menschenrecht. Daran erinnert der heutige Tag der Kriegsdienstverweigerer. In Deutschland sind mit dem Wehrdienst 2011 auch die "Zivis" weggefallen. An ihrer Stelle stehen nun die "Bufdis". Eine Bestandsaufnahme.

Bundesfreiwilligendienst / © Friso Gentsch (dpa)
Bundesfreiwilligendienst / © Friso Gentsch ( dpa )

DOMRADIO.DE: Den Zivildienst gibt es jetzt schon seit einigen Jahren nicht mehr. An seine Stelle ist der Bundesfreiwilligendienst getreten. Wie war das damals für den sozialen Dienst - Altenheime, Jugendhilfe, Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen, Essen auf Rädern? Die billigen Zivis waren auf einmal weg.

Panagiota-Joanna Alexiou (Referentin für Öffentlichkeitsarbeit beim e.V. der Freiwilligen sozialen Dienste im Erzbistum Köln): Es herrschte im Grunde große Unsicherheit und es war auch eine Stimmung von Chaos, weil man nicht wusste, wie viele Stellen tatsächlich wegfallen werden und wie man das am Ende mit dem Bundesfreiwilligendienst kompensieren kann. Die Frage war auch: Wie viele werden sich tatsächlich für den Bundesfreiwilligendienst bewerben? 

Zunächst einmal lief es etwas schleppend an, weil der Bundesfreiwilligendienst durch den Bund auch nicht so gut beworben wurde. Aber das hat sich im Laufe der Jahre tatsächlich doch eingependelt. Wir merken anhand unserer Bewerberzahlen, dass der Bundesfreiwilligendienst mittlerweile bekannt und anerkannt ist.

DOMRADIO.DE: Wie hat denn die Kirche damals auf die Änderungen reagiert? 

Alexiou: Wir wussten auch nicht so wirklich: Wie gehen wir damit um? Wie können wir den jungen Menschen den Bundesfreiwilligendienst schmackhaft machen? Da war es in den ersten Jahren auch eine Frage des "sich Einfühlens", dass wir uns mit dem Bundesfreiwilligendiest erstmal einpendeln mussten. Der Blick von heute auf damals zeigt auch: Das hat ganz gut funktioniert. 

DOMRADIO.DE: "Schmackhaft machen" ist ein gutes Stichwort. Was macht man denn heute, um sicherzugehen, dass sich jedes Jahr genügend Freiwillige melden?

Alexiou: Vor allem müssen wir dahin gehen, wo die jungen Menschen sind. Zum einen natürlich ins Internet, in die sozialen Netzwerke. Aber, wir vom FSD gehen auch in Schulen, halten dort Vorträge, bauen Infostände auf, um die Schüler vor Ort zu informieren. Denn das persönliche Gespräch ist dann doch besser. Wir können so den Freiwilligendienst dort nochmal als schöne Alternative zum direkten Einstieg ins Studium oder in die Ausbildung anbieten. Da haben die jungen Menschen tatsächlich viele Fragen, die man vor Ort direkt klären kann. 

DOMRADIO.DE: Früher mussten die jungen Männer zum Wehrdienst oder - wenn sie verweigert haben - zum Zivildienst. Meinen Sie, dass es einen Unterschied macht, wenn sich die Menschen wirklich freiwillig für diese sozialen Dienste entscheiden?

Alexiou: Ja, auf jeden Fall. Die Ansprüche der Freiwilligen sind anders geworden. Die Freiwilligen möchten sich auch persönlich weiterbilden, sich weiterentwickeln im Laufe dieser Zeit. Und sie möchten natürlich auch eine gute Bildungsarbeit durch die Träger bekommen. Sie möchten nicht nur ihre Zeit absitzen, sondern auch etwas mitnehmen aus dem Jahr. Ich möchte damit nicht sagen, dass Zivildienstleistende das nicht wollten, aber heute ist es dann doch anders, weil sich die Bewerber bewusst für den Freiwilligendienst entscheiden. 

DOMRADIO.DE: Wie sieht es heute im Erzbistum Köln aus? Gibt es Dienste, die besonders beliebt sind, für die sich besonders viele junge Menschen melden?

Alexiou: Ja. In den vergangenen Jahren war das immer die Kinderbetreuung oder Jugendhilfe, die sehr beliebt ist, aber auch Krankenhäuser. Dort sind vor allem junge Menschen, die später auch in dem Bereich ihre Ausbildung oder ihr Studium machen wollen. Die wollen erstmal reinschnuppern und schauen: Ist das überhaupt etwas für mich? Dafür ist der Freiwilligendienst eine super Sache. Auch an der Flüchtlingshilfe haben die jungen Leute großes Interesse, weil der Bereich natürlich auch größer geworden ist.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Quelle:
DR