Altenas Bürgermeister zum internationalen Tag gegen Rassismus

"Ich verliere den Glauben nicht"

Er wurde selber tätlich angegriffen, weil er sich in seiner Stadt Altena für Flüchtlinge und deren Integration einsetzte. Aber Bürgermeister Andreas Hollstein würde wieder so handeln. Ein Interview zum internationalen Tag gegen Rassismus.

 (DR)

DOMRADIO.DE: Altena hat im Oktober 2015 aber auch negative Schlagzeilen gemacht. Es gab einen Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft. Da steckte Rassismus dahinter, oder?

Andreas Hollstein (Bürgermeister der Stadt Altena): Ja, natürlich. Das war im Hochpunkt der sogenannten Flüchtlingskrise und das Thema wurde auch von Populisten und Rechtsextremisten immer wieder breit diskutiert. Das hat dann hier junge Leute dazu veranlasst, ihrem Rassismus freien Lauf zu geben und einen Anschlag auf andere Mitmenschen zu verüben. Dagegen muss man aufstehen. Damals ist die gesamte Stadt dagegen aufgestanden. Wir haben dann den Plan beibehalten, 100 Menschen mehr aufzunehmen und bis heute geht das auch friedlich miteinander, wenn auch nicht immer ohne Probleme, wie immer, wenn Menschen zusammen sind. Es macht jedoch keinen Unterschied, ob die Menschen aus Nordafrika oder Syrien kommen oder in Deutschland geboren sind. Es gibt überall ganz feine Menschen, aber es gibt auch ein paar, die selber nicht so handeln, wie man es von anderen erwartet.

DOMRADIO.DE: Sie haben am eigenen Leib erlebt, wie die Angst vor "dem Fremden" auch in Gewalt umschlagen kann. Ein alkoholisierter Mann hat Sie im November in einem Imbiss mit einem Messer angegriffen. Wie geht man damit um, wenn man so viel versucht und dann kommt doch wieder der Gegenwind?

Hollstein: Man hinterfragt natürlich, was man selbst gemacht hat. Aber ich versuche christliche Werte zu leben und auf dem Boden des Grundgesetzes, dass alle Menschen gleich sind, stehen zu bleiben und daran vermag auch so ein Angriff nichts zu verändern. Das ist eine Grundhaltung, die ein Mensch hat und Grundprinzipien sollte man beibehalten, wenn sie richtig sind.

DOMRADIO.DE: Für diese Einstellung wurde Ihre 18.000-Einwohner-Stadt Altena letztes Jahr mit dem Nationalen Integrationspreis von Kanzlerin Merkel geehrt. Sie haben damals gesagt: "Ich glaube, wir kriegen Deutschland in eine gute Zukunft geführt - und die ist bunt". Also Sie verlieren den Glauben daran nie?

Hollstein: Ich verliere den Glauben daran nicht. Warum sollte ich auch? Ich glaube, die Mehrheit in der Bundesrepublik Deutschland steht da auch hinter. Ich glaube, unsere Aufgabe ist es, eine vernünftige Integration zu managen. Dazu gehört natürlich auch, dass Menschen, die nicht hier bleiben dürfen, zurückgeführt werden. Ich denke, bei aller Kritik an der Großen Koalition muss man sagen, dass die Beschlüsse dort in die richtige Richtung gehen. Sie gehen stringenter an das Thema Ausweisung, aber machen auf der anderen Seite auch eine vernünftige und familiennahe Integrationspolitik.

DOMRADIO.DE: Trotzdem gibt es aber auch eine große Zahl an AfD-Wählern, die gar nicht wissen, wohin mit ihrer Angst vor den neuen Nachbarn. Wie konkret schaffen Sie es denn in Altena, mit den Menschen im Gespräch zu bleiben?

Hollstein: Das ist eine mühevolle Aufgabe. Zuerst muss man das Schubladendenken, genau so wie man es den Menschen, die rassistisch denken, vorwirft, selbst überwinden. Man muss nicht alle Menschen in eine Schublade stecken, die Sorgen und Nöte haben und dann, weil politische Parteien nicht immer Glanzbilder darstellen, auch mal eine andere Partei wählen. Man muss um diese Menschen kämpfen und man muss es auch besser machen. Das ist eine tägliche Aufgabe von Menschen an der kommunalen Basis, aber gerade auch auf Landes- und vor allem auf Bundesebene.

Das Interview führte Verena Tröster.


Andreas Hollstein, Bürgermeister von Altena / © Oliver Berg (dpa)
Andreas Hollstein, Bürgermeister von Altena / © Oliver Berg ( dpa )

Gruppe von Flüchtlingen in Altena / © Bernd Thissen (dpa)
Gruppe von Flüchtlingen in Altena / © Bernd Thissen ( dpa )
Quelle:
DR