Keine Abstimmung über SPD-Antrag zum Werbeverbot für Abtreibung

Union und SPD einigen sich und wollen gemeinsamen Vorschlag

Medien schrieben schon über den ersten Knatsch von Union und SPD vor der Regierungsbildung. Nun rudert die SPD zurück: Sie will über den Antrag für die Abschaffung des Abtreibungs-Werbeverbots nicht abstimmen lassen.

Autor/in:
Birgit Wilke
Gesetzestext des Paragrafen 219a Strafgesetzbuch / © Harald Oppitz (KNA)
Gesetzestext des Paragrafen 219a Strafgesetzbuch / © Harald Oppitz ( KNA )

Der Druck wurde der SPD nun offenbar doch zu groß: Gut eine Woche nachdem die SPD-Fraktion ihren Antrag zur Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen in den Bundestag einbrachte, lenkt sie ein. Sie will ihn nun doch nicht zur Abstimmung stellen. Zuvor hatten sich am heutigen Dienstag die SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles und Unionsfraktionschef Volker Kauder noch einmal zusammengesetzt und sich darauf verständigt, dass das Justizministerium nun einen eigenen Vorschlag erarbeiten soll.

Damit ist eine Abschaffung, für die sich die Linken und die Grünen aussprechen, erst mal vom Tisch. Zugleich ist aber auch klar, dass der bestehende Paragraf 219a reformiert wird. Gegen eine solche Änderung hatte sich neben der AfD bislang die Union ausgesprochen.

Fall der Ärztin Kristina Hänel

Anlass für die Debatte ist der Fall der Ärztin Kristina Hänel. Das Amtsgericht Gießen hatte sie Ende vergangenen Jahres wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu einer Geldstrafe verurteilt. Es berief sich dabei auf den Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch. Dieser untersagt "das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen" von Schwangerschaftsabbrüchen aus finanziellem Vorteil heraus oder wenn dies in "grob anstößiger Weise" geschieht. Angezeigt worden war sie - wie inzwischen auch diverse andere Ärzte, die daraufhinweisen, dass sie Abtreibungen durchführen - von Lebensschützern.

Daraufhin starteten die Grünen eine Initiative des aus ihrer Sicht längst überholten Paragrafen. Die SPD und die Linken schlossen sich an und erarbeiteten einen eigenen Gesetzantrag mit demselben Ziel der Abschaffung des Paragrafen. Die FDP erarbeitete dagegen eine Art Kompromiss und will in ihrem ebenfalls eingebrachten Entwurf das Verbot auf grob anstößige Werbung begrenzen. Während über die Entwürfe von Grünen, Linken und FDP bereits im Februar die Parlamentarier debattierten, stellte die SPD mit Blick auf die Koalitionsgespräche ihren Antrag zurück, um dann Anfang März anzukündigen, ihn doch einzubringen.

Die katholische Kirche und der Paragraf

Die katholische Kirche hatte sich vehement gegen eine Änderung des Paragrafen 219a eingesetzt. Durch eine Streichung des Paragrafen geriete das "gesetzlich austarierte und mühsam ausgehandelte Konstrukt für den Schutz des ungeborenen Lebens" in eine Schieflage, so der Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe, Karl Jüsten.

Mit dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, sei er sich einig darin, dass die Rechtslage nicht verändert werden dürfe.

Der familienpolitische Sprecher der Union, Marcus Weinberg (CDU), nannte den aktuellen Schritt der SPD eine "gute und kluge Lösung". Dies zeige, dass mit Blick auf den Paragrafen "nicht irgendetwas zwischen den Zeiten" beschlossen werden solle, sondern dass die Fraktion mit der Problemlage sorgfältig umgingen.

"Kniefall der SPD vor der Union"

Die Grünen-Abgeordnete Ulle Schauws bezeichnete das Vorgehen als "Kniefall der SPD vor der Union". Der Regierungsbeginn sei ein schlechter Tag für die Recht von Frauen und für die Rechtssicherheit von Ärztinnen und Ärzten. Die Linken-Abgeordnete Cornelia Möhring sagte, ihr bleibe gegenüber der SPD "langsam nur noch völliges Unverständnis übrig". Der FDP-Abgeordnete Stephan Thomae sprach mit Blick auf die Entscheidung der SPD von einer "herben Enttäuschung".

Nun liegt der Ball bei der Bundesregierung. Das unter der neuen Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD), die am morgigen Mittwoch vereidigt wird, einen neuen Vorschlag erarbeiten soll. Dieser könnte darin bestehen, stärker zwischen aggressiver Werbung und sachlicher Information zu unterscheiden. Nach Meinung von Juristen keine leichte Aufgabe.


Quelle:
KNA
Mehr zum Thema