Berliner Tafel kritisiert erneut Ausschluss von Ausländern

"Die Ellenbogen gehen von allen aus"

Erneute Kritik gibt es von der Chefin der Berliner Tafel, Sabine Werth, bezüglich des Aufnahmestopps der Essener Tafel für Ausländer. Auch in Berlin gebe es Gerangel um die Essensverteilung, aber es werde keine Gruppe benachteiligt.

Lebensmittel werden in der Ausgabestelle der Essener Tafel einsortiert / © Roland Weihrauch (dpa)
Lebensmittel werden in der Ausgabestelle der Essener Tafel einsortiert / © Roland Weihrauch ( dpa )

Die Chefin der Berliner Tafel, Sabine Werth, hat den Aufnahmestopp der Essener Tafel für Ausländer erneut scharf kritisiert. Damit sei ein wichtiger Tafel-Grundsatz gebrochen worden, "nämlich, dass wir allen Menschen helfen, die der Hilfe bedürfen", sagte die ehrenamtliche Vorsitzende von Deutschlands ältester und größter Tafel der "Süddeutschen Zeitung" (Samstag).

Tafeln in Deutschland

Die bundesweit agierenden Tafeln haben sich in den vergangenen 20 Jahren zu einer der größten sozialen Bewegungen in Deutschland entwickelt. Waren es 2002 noch gut 300, gibt es heute bundesweit etwa 900 Tafeln mit rund 2.100 Tafel-Läden und Ausgabestellen. Bei ihnen engagieren sich circa 60.000 ehrenamtliche Mitarbeiter. Alle zusammen versorgen sie mehr als 1,5 Millionen Menschen mit Lebensmitteln, die sie als Spenden im Handel und bei Herstellern gesammelt haben.

Helfer sortieren  Salat bei der Lebensmittelausgabe in der Kirche Sankt Karl Borromäus in Köln / © Harald Oppitz (KNA)
Helfer sortieren Salat bei der Lebensmittelausgabe in der Kirche Sankt Karl Borromäus in Köln / © Harald Oppitz ( KNA )

Jede Gruppe verantwortlich

Auch die Berliner Tafel habe in einigen der insgesamt 45 Ausgabestellen Aufnahmestopps, "weil es durch die Flüchtlinge viel mehr Menschen geworden sind". Anders als in Essen gelte der Stopp aber nicht nur für Menschen ohne deutschen Pass. "Die Ellenbogen gehen von allen aus, auch von der deutschen Oma mit Krücken." Jede Gruppe trage ihren Teil dazu bei.

Dabei verwies Werth darauf, dass es von Händlerseite immer weniger überschüssige Lebensmittel gebe. "Die Händler kaufen anders ein oder produzieren nicht mehr so viel." Für die Berliner Tafel sei das noch kein Problem, "wir müssen einfach mehr Märkte anfahren". Kleinere Tafeln täten sich da schwerer.

"gnadenlose Überforderung" in Essen

Werth bezeichnete das Vorgehen der Leitung der Essener Tafel als "unterirdisch". Die dortige Tafel sei "gnadenlos überfordert" und habe die Notbremse gezogen: "Aber das richtet unglaublich viel Schaden an." Sie selbst werde wegen ihrer Kritik an dem Essener Vorgehen "beschimpft ohne Ende".

Der Essener Tafelvorstand hatte seine Entscheidung damit begründet, dass der Anteil der Migranten unter den Kunden auf 75 Prozent gestiegen sei. Ältere Menschen und Alleinerziehende würden dadurch verdrängt. Die Entscheidung löste massive Kritik aus, stieß aber auch auf Verständnis. Am Donnerstag wurde bekannt, dass an der Marler Tafel bereits seit einem halben Jahr ein Aufnahmestopp für junge allein stehende Männer aller Nationalitäten gilt. Grund ist dort, dass die Lebensmittel nicht mehr für alle Bedürftigen reichen.

Quelle:
epd