Welthungerhilfe sieht starkes Signal gegen Hunger im Koalitionsvertrag

Wesentliches Ziel im Blick

Die Überwindung von Hunger und Armut wurde im Koalitionsvertrag explizit als Priorität für die Entwicklungspolitik benannt. "Angesichts weltweit zunehmender Krisen und Konflikte ein notwendiger Schritt", so die Welthungerhilfe.

Welthungerhilfe sieht starkes Signal gegen Hunger / © Hani Mohammed (dpa)
Welthungerhilfe sieht starkes Signal gegen Hunger / © Hani Mohammed ( dpa )

DOMRADIO.DE: Seit über 50 Jahren setzen Sie sich mit Projekten weltweit gegen Hunger und Mangelernährung ein. Warum stellt in Ihren Augen der neue Koalitionsvertrag jetzt ein starkes Signal gegen den Hunger dar?

Jan Fahlbusch (Leiter der Politikabteilung der Welthungerhilfe): Wir sind erfreut, dass sich die Bunderegierung zur Bekämpfung von Hunger und Armut bekennt und das auch als ein wesentliches Ziel ihrer Entwicklungspolitik herausstellt.

DOMRADIO.DE: Welche ganz konkreten Forderungen von der Deutschen Welthungerhilfe sind denn in den Vertrag der Großen Koalition eingegangen?

Fahlbusch: Es geht darum, die bisherigen Instrumente weiter zu bedienen – den Hunger und die Armut weltweit zu bekämpfen. Da ist schon einiges erreicht worden: die Ansätze und auch bisherige Schlüsse der G7 weiter zu verfolgen und Sonderprogramme umzusetzen. Aber wichtig ist ebenso auch Land Grabbing nicht zu akzeptieren und dagegen anzugehen, sowie die strukturellen Ursachen von Hunger zu bekämpfen, mit Blick auf die europäische Handelspolitik mit Afrika. All das sind Aspekte zu denen die Bundesregierung – wenn sie dann zustande kommt – hier auf der Basis des Koalitionsvertrages eindeutige Aussagen trifft. Für uns ist dann aber der nächste Schritt die Umsetzung.

DOMRADIO.DE: "Wenn sie dann zustande kommt", haben Sie gesagt. Heute Nachmittag platzte die Meldung herein, dass SPD-Chef Martin Schulz nicht Außenminister werden will. Ihm geht es darum, dass die große Koalition zustande kommt und nicht an Debatten um seine Person scheitert. Sie loben ja die Pläne der zukünftigen Regierung. Hoffen Sie aus entwicklungspolitischer Sicht, dass die Groko nach dieser Entscheidung Realität wird?

Fahlbusch: Aus entwicklungspolitischer Sicht wäre das sicherlich vorteilhaft. Denn ich glaube nicht, dass ein vergleichbar starkes Dokument von einer anderen Konstellation zu verfassen wäre. Sollte es Neuwahlen geben, kann vermutlich aus entwicklungspolitischer Sicht nur verloren werden. Insofern ist es das Beste, was gerade möglich ist. Da hat zumindest Martin Schulz, als einer der Verhandlungsführer sicherlich ein gutes Erbe hinterlassen.

DOMRADIO.DE: Glauben Sie denn das ist sehr realistisch, dass alles umgesetzt wird, was auf dem Papier steht?

Fahlbusch: Das muss man abwarten. Es ist zu hoffen, dass das mit Taten unterlegt wird, was sich die Bundesregierung hier vornehmen würde. Natürlich sehen wir auch eine Leerstelle im Ganzen. Das ist das klare Bekenntnis zur Finanzierung von alldem, was entwicklungspolitisch vorgesehen ist. Da würde es natürlich nochmal deutlich auf die Haushaltsverhandlungen ankommen. Es wäre natürlich schön, dass für alles Geplante auch die Mittel zur Verfügung stehen.

DOMRADIO.DE: Wo gehen denn die Ergebnisse, die im Koalitionsvertrag festgehalten sind, nicht weit genug oder was fehlt Ihnen noch?

Fahlbusch: Uns würde es zum einen um eine kohärente Umsetzung der UN-Entwicklungsziele der Agenda 2030 gehen. Das muss Leitlinie für die gesamte Bundesregierung sein und kann nicht nur einzelne Ressorts betreffen. Zum anderen aber auch das Einhalten der internationalen Verpflichtungen Deutschlands, etwa 0,7% des Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungsaufgaben aufzuwenden. Dort bekennt man sich zum Einhalten der ODA-Quote (Anmerkung der Redaktion: „Official Developement Assistance“ – Anteil der öffentlichen Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit am Bruttonationaleinkommen gemessen) von 0,7% aber sagt nicht, bis wann man dieses Ziel erreichen möchte. Also da wäre natürlich noch Raum für Verbesserung.

Das Gespräch führte Verena Tröster.


Quelle:
DR