Inklusions-Aktivist kritisiert Koalitionsvertrag

Wenig konkret

Raul Krauthausen, Aktivist für Behindertenrechte und Inklusion, hat den Koalitionsvertrag von Union und SPD als unzureichend kritisiert. Viele Angebote seien wenig konkret. Auch die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung äußert Kritik.

 (DR)

"Ich stelle enttäuscht fest, dass viele Dinge darin stehen, die erst einmal gut klingen, aber bei näherem juristischen Blick butterweich sind", sagte Krauthausen der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Donnerstag in Leipzig. Auch die geschäftsführende Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Verena Bentele, äußerte sich kritisch.

Barrierefreie Angebote wenig konkret

Da heiße es etwa, man wolle "prüfen", wie man die Privatwirtschaft stärker in die Verantwortung nehmen und für das Thema Inklusion "begeistern" könne. "Da wird es kein Gesetz geben", monierte Krauthausen. Für Menschen mit Behinderungen bedeute das etwa, dass Arztpraxen nicht barrierefrei zugänglich sein müssten.

Auch beim Ausbau barrierefreier Angebote von öffentlich-rechtlichen Sendern sei der Koalitionsvertrag wenig konkret. "Da werde ich natürlich ganz hellhörig und ahne, dass das wieder vier Jahre Stillstand bedeuten kann für Menschen mit Behinderungen", so Krauthausen.

Noch deutliche Defizite in Deutschland

Aus seiner Sicht gibt es in Deutschland in Sachen Barrierefreiheit sowohl in den Medien wie im öffentlichen Raum noch deutliche Defizite. "Beim Bäcker und Kinobesitzer angefangen – es steht noch nicht einmal in Aussicht, dass sie verpflichtet werden, für barrierefreie Zugänge zu sorgen." Das sei "ziemlich enttäuschend".

Zudem sieht Krauthausen zahlreiche finanzielle Benachteiligungen für Menschen mit Behinderungen: "Sind sie etwa auf Assistenz angewiesen, dürfen sie nur einen bestimmten Satz sparen." An dieses Thema wolle die Bundesregierung offenkundig seit Jahren nicht wirklich heran.

Wahlmöglichkeit für Menschen mit geistiger Behinderung

Als "kleinen Lichtblick" im Koalitionsvertrag bezeichnete es Krauthausen, dass künftig auch Menschen mit geistiger Behinderung wählen dürfen. Behindertenverbände hatten den bisherigen Ausschluss dieser Menschen vom Wahlrecht seit Jahrzehnten kritisiert.

Nach Ansicht von Bentele bleiben die Maßnahmen zur Barrierefreiheit "zu ihrem großen Bedauern" hinter den Erwartungen zurück. Diese seien im öffentlichen Sektor und in der Privatwirtschaft wesentlich für ein selbstbestimmtes Leben. Die Beauftragte fordert die zukünftige Regierung dringend auf, durch gesetzliche Vorhaben Barrierefreiheit in allen Lebenswelten herzustellen.

Zuschuss für altersgerechten Wohnungsumbau steht aus

Einige Verbesserungen wie die Verstetigung des KfW-Zuschussprogramms für den altersgerechten Wohnungsumbau gebe es aber. Entscheidend sei, dass in den nächsten Jahren die geplanten Vorhaben gesetzgeberisch im Sinne der Menschen mit Behinderungen umgesetzt werden. Dabei müssten diese Menschen und ihre Organisationen von Beginn an beteiligt werden, so Bentele. 


Aktivist Raul Krauthausen / © Jens Kalaene (dpa)
Aktivist Raul Krauthausen / © Jens Kalaene ( dpa )

Verena Bentele / © Kay Nietfeld (dpa)
Verena Bentele / © Kay Nietfeld ( dpa )
Quelle:
KNA
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