Rund 10.000 Patienten in Deutschland warten derzeit auf ein Spenderorgan. Rund 1.000 von ihnen sterben jedes Jahr, ohne dass sie ein Spenderorgan erhalten.
Seit 1963 wurden in Deutschland mehr als 125.000 Organe transplantiert. Nach dem Transplantationsskandal im Jahr 2012 sank die Zahl der jährlichen Organspenden beständig und erreichte 2016 einen absoluten Tiefpunkt.
Grund waren Manipulationsvorwürfe: Beteiligten Ärzten wurde vorgeworfen, dass sie Patienten kranker darstellten, damit sie auf der Warteliste für Transplantationen weiter nach oben rutschen. Als Grund für das Fehlverhalten nannte Ärztekammerpräsident Frank Ulrich Montgomery unter anderem "strukturelle Anreize aus der Krankenhausfinanzierung, aus dem Wettbewerbsstreben einzelner Krankenhäuser und auch aus dem vermeintlichen Streben nach Ruhm und Ehre".
Nach den ersten bekanntgewordenen Unregelmäßigkeiten 2012 hat die Bundesärztekammer schärfere Kontrollen beschlossen. Danach entscheidet eine interdisziplinäre, organspezifische Transplantationskonferenz am Behandlungszentrum darüber, ob ein Patient auf die Warteliste aufgenommen wird. Damit wurde das "Mehraugenprinzip»" umgesetzt.
Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) hat außerdem Vertreter von Bund und Ländern stärker in ihren Stiftungsrat eingebunden. Das soll neues Vertrauen schaffen. Beschlossen ist auch ein bundesweites Transplantationsregister, das dafür sorgen soll, dass Angehörige der Spender und jeder Arzt nachvollziehen können, was mit den entnommenen Organen geschehen ist.
Im Sommer 2013 hat der Bundestag zudem eine Reform des Transplantationsgesetzes beschlossen. Das Gesetz sieht für Ärzte, die Manipulationen an Wartelisten vornehmen, um Patienten "unberechtigt zu bevorzugen", eine "Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe" vor.
Bereits 2012 hatte das Parlament ein Gesetzespaket verabschiedet, das den Krankenkassen vorschreibt, jeden Bürger regelmäßig über Organspenden aufzuklären. Außerdem müssen seitdem alle Kliniken mit Intensivstation einen Transplantationsbeauftragten ernennen.(kna)
14.01.2018
Die Zahl der Organspender in Deutschland hat 2017 einen neuen Tiefpunkt erreicht: Weniger als zehn Spender pro eine Million Einwohner verzeichnet die Deutsche Stiftung Organtransplantation. So wenige sind es in kaum einem westeuropäischen Land.
Die Zahl der Organspender in Deutschland ist erneut deutlich gesunken und rutscht in ein Tief, wie zuletzt vor 20 Jahren. Nachdem 2016 noch 834 Menschen gespendet hatten, fiel die Zahl der Spender 2017 auf 769, wie die "Süddeutsche Zeitung" (Samstag) berichtet.
Sie beruft sich auf den noch unveröffentlichten Jahresbericht der Stiftung Eurotransplant. Der Medizinische Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), Axel Rahmel, sprach in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" von 797 Spendern. Für Patienten, die auf ein Organ warteten, sei dies "eine dramatische Situation".
Ein kulturelles Problem?
Mehr als 10.000 Menschen warten in Deutschland derzeit auf eine lebensrettende Transplantation. Zudem, so Rahmel, hänge der Erfolg des Organaustauschs "von einem möglichst großen Organpool ab, weil auf diese Weise das Matching zwischen Spender und Empfänger und damit die Ergebnisse der Transplantation verbessert werden".
Zahl der Organspender in Deutschland ist auf dem niedrigsten Stand seit 20 Jahren. Liane Heiden weiß: Wenn man sein Leben dadurch gewinnt - dann wird klar, welche Bedeutung #Organspende hat. pic.twitter.com/pqV9fsq9u2
— WDR Aktuelle Stunde (@aktuelle_stunde) 14. Januar 2018
In Deutschland fehle bislang eine Kultur der Organspende, so der Experte. In anderen Ländern wie etwa Spanien sei es eine Selbstverständlichkeit, dass am Lebensende an Organspende gedacht werde. "Das gilt nicht nur für das Klinikpersonal, sondern für die gesamte Gesellschaft."
Lohnt sich dsas Thema Organspende wirtschaftlich nicht?
Systematische Manipulationen kämen nicht mehr vor, betonte Rahmel. Ab 2012 war es erstmals zu einem deutlichen Rückgang der Organspenderzahl gekommen, nachdem bekanntgeworden war, dass Ärzte an mehreren Transplantationszentren falsche Angaben über ihre Patienten gemacht hatten.
Ein weiteres Problem seien die Ökonomisierung von Kliniken und der Fachkräftemangel, so der DSO-Vorstand. Es könne passieren, dass schlicht "nicht an das Thema Organspende gedacht wird, weil das Fortführen der intensivmedizinischen Maßnahmen natürlich auch immer einen besonderen zusätzlichen Einsatz auf der Station bedeutet". So sei die Organspende "zu abhängig vom persönlichen Engagement einzelner Mitarbeiter", kritisierte Rahmel.
Kritik an Politik
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz beklagte gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" ein fehlendes Interesse der Regierungsparteien an der Transplantationsmedizin. "Diese Dramatik kommt in den Sondierungsgesprächen für eine Neuauflage der Großen Koalition mit keinem Wort vor", sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch.
Die Parteien ließen die Menschen auf der Warteliste für ein Organ allein. Brysch forderte, den Spendermangel zu einem Thema bei den Koalitionsverhandlungen zu machen.
Rund 10.000 Patienten in Deutschland warten derzeit auf ein Spenderorgan. Rund 1.000 von ihnen sterben jedes Jahr, ohne dass sie ein Spenderorgan erhalten.
Seit 1963 wurden in Deutschland mehr als 125.000 Organe transplantiert. Nach dem Transplantationsskandal im Jahr 2012 sank die Zahl der jährlichen Organspenden beständig und erreichte 2016 einen absoluten Tiefpunkt.
Grund waren Manipulationsvorwürfe: Beteiligten Ärzten wurde vorgeworfen, dass sie Patienten kranker darstellten, damit sie auf der Warteliste für Transplantationen weiter nach oben rutschen. Als Grund für das Fehlverhalten nannte Ärztekammerpräsident Frank Ulrich Montgomery unter anderem "strukturelle Anreize aus der Krankenhausfinanzierung, aus dem Wettbewerbsstreben einzelner Krankenhäuser und auch aus dem vermeintlichen Streben nach Ruhm und Ehre".
Nach den ersten bekanntgewordenen Unregelmäßigkeiten 2012 hat die Bundesärztekammer schärfere Kontrollen beschlossen. Danach entscheidet eine interdisziplinäre, organspezifische Transplantationskonferenz am Behandlungszentrum darüber, ob ein Patient auf die Warteliste aufgenommen wird. Damit wurde das "Mehraugenprinzip»" umgesetzt.
Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) hat außerdem Vertreter von Bund und Ländern stärker in ihren Stiftungsrat eingebunden. Das soll neues Vertrauen schaffen. Beschlossen ist auch ein bundesweites Transplantationsregister, das dafür sorgen soll, dass Angehörige der Spender und jeder Arzt nachvollziehen können, was mit den entnommenen Organen geschehen ist.
Im Sommer 2013 hat der Bundestag zudem eine Reform des Transplantationsgesetzes beschlossen. Das Gesetz sieht für Ärzte, die Manipulationen an Wartelisten vornehmen, um Patienten "unberechtigt zu bevorzugen", eine "Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe" vor.
Bereits 2012 hatte das Parlament ein Gesetzespaket verabschiedet, das den Krankenkassen vorschreibt, jeden Bürger regelmäßig über Organspenden aufzuklären. Außerdem müssen seitdem alle Kliniken mit Intensivstation einen Transplantationsbeauftragten ernennen.(kna)