Laut Unesco Hunderte Millionen Kinder ohne Schulbildung

Wenn Klassenarbeiten ein Traum bleiben

Die Kultur- und Bildungsorganisation der Vereinten Nationen, Unesco, warnt vor einem weltweiten eklatanten Mangel an Schulbildung. 264 Millionen Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 17 Jahren hätten keinen Zugang zu Bildung.

Für viele Kinder ein Traum: der Schulbesuch / © Peter Steffen (dpa)
Für viele Kinder ein Traum: der Schulbesuch / © Peter Steffen ( dpa )

Das teilte die Deutsche Unesco-Kommission in Bonn mit. Selbst bei den Kindern, die eine Schule besuchten, seien die Abschlussraten weiterhin gering. Zwischen 2010 und 2015 lagen sie im Grundschulbereich bei lediglich 83 Prozent, im unteren Sekundarschulbereich (zwölf bis 14 Jahre) bei 69 Prozent und in der oberen Sekundarschulbildung (15 bis 17 Jahre) bei nur 45 Prozent. Das zeige der Unesco-Weltbildungsbericht 2017/2018, der an diesem Dienstag erscheint.

Recht auf hochwertige Bildung

Die Autoren des Berichts rufen Regierungen weltweit dazu auf, das Recht auf hochwertige Bildung einzulösen. "Bildung liegt in der Verantwortung vieler - der Regierungen, der Schulen, der Lehrkräfte, der Eltern und zahlreichen mehr", erklärte das Vorstandsmitglied der Deutschen Unesco-Kommission, Walter Hirche.

Nur wenn Regierungen auf der ganzen Welt ihrer Pflicht zur Gestaltung der Rahmenbedingungen für eine hochwertige Bildung nachkommen, könnten "Lehrkräfte angemessen lehren und Schülerinnen und Schüler ausreichend lernen".

Bildungssysteme gestalten

Zudem müssten Bildungssysteme weltweit mit Blick auf Chancengerechtigkeit und Qualität gestaltet werden. Die Grundlagen für eine erfolgreiche Bildung werden den Angaben zufolge bereits in der frühen Kindheit gelegt. Doch bisher hätten nur 17 Prozent der Länder weltweit ein Jahr verpflichtende und kostenfreie frühkindliche Bildung eingeführt, hieß es. In nur 66 Prozent der Länder wurde zudem Geschlechtergerechtigkeit in der Grundschulbildung erreicht.

Jährlich fehlen laut der Unesco weltweit 39 Milliarden US-Dollar für eine hochwertige und chancengerechte Bildung. Im Durchschnitt gaben Länder fast fünf Prozent ihres Bruttoinlandproduktes oder etwa 14 Prozent der öffentlichen Mittel für die Bildung aus. Regierungen weltweit haben sich verpflichtet, die globalen Nachhaltigkeitsziele bis zum Jahr 2030 zu erreichen. Die Unesco koordiniert die Umsetzung dieses Ziels und ist für das Monitoring verantwortlich.

Oxfam spricht von Skandal

Die Hilfsorganisation Oxfam nennt es einen "Skandal", dass so viele Kinder keine Bildung erhalten. "Chancengerechtigkeit bleibt für arme und marginalisierte Gruppen eine hohle Phrase", erklärte die Oxfam-Bildungsexpertin Sandra Dworack am Dienstag in Berlin. "Kinder aus armen Familien haben ein achtfach höheres Risiko, nicht eingeschult zu werden, als Kinder reicher Familien." Diese Ungleichheit treibe einen "Teufelskreis aus Armut, schlechter Bildung, schlechten Chancen auf gute bezahlte Arbeit und sozialer Ungleichheit voran".

Der Unesco-Bericht zeige, dass eine Finanzierung guter öffentlicher Bildung "sträflich vernachlässigt" werde. Dworack kritisierte einen "Trend zu Billigschulen" in armen Ländern. "Profitorientierte Unternehmen" böten Bildung zu vermeintlich geringen Gebühren an. Dies sei der falsche Weg. "Oft ist die Qualität schlecht, Gebühren belasten arme Familien, und das staatliche Bildungssystem wird ausgehöhlt." Staatliche Systeme müssten gestärkt werden. Dazu sollten arme und reiche Länder mehr Geld bereitstellen.

Zentrale Rolle im Koalitionsvertrag

Jan-Thilo Klimisch, Referent der Christoffel-Blindenmission, nannte Bildung ein "entwicklungspolitisches Zukunfts- und Schlüsselthema". Es müsse daher auch eine zentrale Rolle im Koalitionsvertrag der künftigen Bundesregierung spielen. Der Bericht der Unesco unterstreiche, dass "die Belange von Mädchen sowie Kindern mit Behinderungen besser bei der Konzeption entwicklungspolitischer Bildungsförderung berücksichtigt werden" müssten.


Quelle:
epd , KNA