Islamisten stellen pluralistische Gesellschaft auf die Probe

Burkina Faso – ein Land in der Krise

Burkina Faso, übersetzt "Land der aufrechten Menschen", galt lange als Modell für friedliches Zusammenleben. Tatsächlich ist dieses jedoch bedroht. Das Land steht im Fokus des Monats der Weltmission.

Autor/in:
Katrin Gänsler
Kleinbauern in Burkina Faso / © Michael Merten (KNA)
Kleinbauern in Burkina Faso / © Michael Merten ( KNA )

Gleich zweimal seit Januar 2016 gab es in Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou schwere Anschläge. Beide Male wurden sie in Cafes sowie einem Hotel auf der Avenue Kwame Nkrumah verübt, der bekanntesten Straße der Stadt, die das Zentrum mit dem Flughafen verbindet. Insgesamt starben 49 Menschen, Dutzende wurden verletzt. Für die Angriffe wird Al-Kaida im Islamischen Maghreb (AQMI), der westafrikanische Arm des Terrornetzwerks Al-Kaida, verantwortlich gemacht.

Einst stabilisierender Faktor

Ausgerechnet Burkina Faso: Zwischen Nachbarländern wie Mali und Niger, die von Krisen geprägt sind, galt der Staat mit den gut 20 Millionen Einwohnern stets als stabilisierender Faktor mitten in einer unruhigen Region. Mittlerweile kommt es im Norden jedoch zu vielen kleinen Anschlägen.

Auf die ambivalente Lage aufmerksam zu machen, ist Ziel des katholischen Hilfswerks missio, das Burkina Faso in diesem Jahr in den Fokus des Monats der Weltmission stellt. Die Kampagne, die mit dem Weltmissionssonntag am 22. Oktober endet, soll auf das beispielhafte Zusammenleben von Christen und Muslimen, aber auch auf Probleme wie Armut, Mädchenhandel und Terrorismus aufmerksam machen.

Helfer des Islam

Verantwortlich für letzteren zeichnet meist der Islamist Malam Ibrahim Dicko, der aus der Provinz Soum an der Grenze zu Mali stammt und gute Kontakte zu Terroristen im Nachbarland haben soll. Seine Bewegung nennt sich "Ansarul Islam", Helfer des Islam, und agiert bislang auf einem regional begrenzten Raum. Zuletzt gab es Spekulationen, Dicko sei bereits im Mai oder Juni ums Leben gekommen - gesicherte Informationen gibt es nicht.

Dabei ist eine Radikalisierung entlang religiöser Linien in der Vergangenheit nicht mit Burkina Faso, übersetzt "Land der aufrechten Menschen", in Verbindung gebracht worden. Der Staat sei lange Modell für ein friedliches Miteinander zwischen allen religiösen Gruppierungen gewesen, das Dschihadisten nun auf die Probe stellten, so Bakary Sambe, Direktor des Timbuktu-Instituts in Senegals Hauptstadt Dakar.

Gemeinsame interreligiöse Feiern

Zu diesem Ergebnis kam im vergangenen Jahr auch die Denkfabrik "International Crisis Group" (ICG) mit Sitz in Brüssel. Anders als etwa in Nigeria galt es in Burkina Faso stets als Tabu, religiöse Vorbehalte zu schüren. Bis heute sind interreligiöse Hochzeiten sowie das gemeinsame Feiern von christlichen und muslimischen Feiertagen selbstverständlich.

In ihrem Bericht warnte die ICG allerdings davor, dass sich Muslime, die etwa 60 Prozent der Bevölkerung ausmachen, bei der Besetzung von politischen Ämtern sowie in Behörden nicht ausreichend repräsentiert fühlten. In Burkina Faso sind gut 23 Prozent der Einwohner Katholiken.

"Softe Diktatur" des Dauerherrschers

Zu veränderten Strukturen hat der Machtwechsel in den Jahren 2014 und 2015 beigetragen. Dauerherrscher Blaise Compaore, der nach einem Putsch gegen Thomas Sankara im Jahr 1987 an die Staatsspitze gekommen war, wurde am 31. Oktober 2014 nach mehrtägigen friedlichen Demonstrationen zum Rücktritt gezwungen. Seine Jahrzehnte lange Herrschaft wurde mitunter als "softe Diktatur" bezeichnet.

Internationalen Respekt erhielt damals die Bürgerbewegung "Balai Citoyen" (Bürgerbesen). Sie hatte zu den Protesten aufgerufen und im Jahr darauf für friedliche Wahlen geworben.

Forderung nach Arbeitsplätzen und Perspektiven

An der Macht ist seitdem der 60-jährige Roch Marc Christian Kabore. Neben der Bekämpfung des Terrorismus erwarten vor allem die jungen Burkinabe - knapp 65 Prozent der Menschen sind jünger als 25 Jahre -, dass Kabores Regierung Arbeitsplätze und Perspektiven schafft. Seit jeher ist die einstige französische Kolonie, die am 5. August 1960 unabhängig wurde, eines der ärmsten Länder der Welt.

Bis heute leben etwa 90 Prozent der Einwohner von der Subsistenzlandwirtschaft. Da Burkina Faso ein Binnenstaat ist, ist der Export von landwirtschaftlichen Produkten wie etwa Sesam und Baumwolle kostspielig und mühsam. Eine eigene Industrie gibt es so gut wie nicht. Im Entwicklungsindex der Vereinten Nationen rangiert Burkina Faso auf dem viertletzten Platz. Schätzungen zufolge leben rund 40 Prozent der Bewohner unterhalb der Armutsgrenze und haben täglich weniger als 1,90 US-Dollar zur Verfügung.


Quelle:
KNA
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