Jesuit fordert eine "Theologie im Angesicht von Missbrauch"

"In der Wirklichkeit ankommen"

Die katholische Kirche müsse sich intensiver mit den Folgen sexuellen Missbrauchs auseinandersetzen. Das fordert der deutsche Jesuit Hans Zollner. Es fehle eine "Theologie im Angesicht von Missbrauch, eine Theologie der Kindheit".

Jesuit Hans Zollner / © Romano Siciliani (KNA)
Jesuit Hans Zollner / © Romano Siciliani ( KNA )

Das sagte der Präsident des Kinderschutzzentrums an der Päpstlichen Universität Gregoriana bei einer Veranstaltung am Samstag in Rom. Auch mahnte er eine "Kultur des Schutzes der besonders Verwundbaren" an.

Obwohl seit rund 30 Jahren sexueller Missbrauch in der Kirche bekannt sei, gebe es noch immer keine theologische Auseinandersetzung mit diesem Thema, so Zollner.

"Pater, ich vergebe euch!"

Während im 19. Jahrhundert etliche christliche Gemeinschaften entstanden seien, die sich der damaligen sozialen Probleme annahmen, fehlten entsprechende Initiativen für die Betroffenen heute.

Zollner äußerte sich bei der Vorstellung der deutschen Übersetzung des Buches "Pater, ich vergebe euch!" von Daniel Pittet in der Deutschen Botschaft am Heiligen Stuhl. Darin schildert der Schweizer, wie ein katholischer Kapuzinerpater ihn über vier Jahre hinweg vergewaltigte. Der damalige Jugendpfarrer missbrauchte den Jungen von 1968 bis 1972 auf brutalste Weise.

"Erschütternd und herzzerreißend"

Sich dem sexuellen Missbrauch von Minderjährigen durch Priester zu stellen, sei "erschütternd und herzzerreißend", sagte Zollner. "Es geht um Sexualität und Gewalt, um Missbrauch des Vertrauens, um zerstörtes Leben und Scheinheiligkeit - all das im Schoß der Kirche." Doch wer sich der eigenen dunkle Seite nicht stelle, den hole sie "früher oder später umso heftiger wieder ein". Christen müssten "in der Wirklichkeit ankommen", so der Jesuit.

Niemand könne das Böse, auch den Missbrauch von Kindern, jemals ganz besiegen, sagte Zollner. Das sei eine fatale Fehleinschätzung. Es ließe sich aber viel dafür tun, "das Risiko für Übergriffe so gering wie möglich zu halten".


Quelle:
KNA