Mahnungen zum Welttag der Alphabetisierung

"Bildung in Krisenregionen überlebenswichtig"

Lesen und Schreiben ist für die meisten Menschen eine Selbstverständlichkeit. Doch die Zahl der Analphabeten wird weltweit kaum kleiner. Auch in Deutschland können 7,5 Millionen Menschen höchstens einzelne Sätze lesen oder schreiben.

Analphabetismus ist noch weit verbreitet / © Jens Büttner (dpa)
Analphabetismus ist noch weit verbreitet / © Jens Büttner ( dpa )

Weltweit können 750 Millionen Menschen über 15 Jahren nicht lesen und schreiben. Fast zwei Drittel von ihnen (63 Prozent) sind Frauen, wie die Unesco aus Anlass des Welttags der Alphabetisierung an diesem Freitag mitteilte. Rund 14 Prozent der Analphabeten sind junge Leute zwischen 15 und 24 Jahren. Auch in Deutschland gibt es viele Betroffene: Etwa 7,5 Millionen Erwachsene können hierzulande nicht richtig lesen und schreiben.

Die Unesco forderte mehr Anstrengungen, um bis zum Jahr 2030 allen Menschen auf der Welt Lese- und Schreibkompetenzen zu vermitteln. Dieses Ziel hat sich die Staatengemeinschaft in der Globalen Nachhaltigkeitsagenda gesetzt. Nur wer lesen und schreiben könne, sei in der Lage, ein Leben fernab der Armut zu führen und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, erklärte Walter Hirche, Vorstandsmitglied der Deutschen Unesco-Kommission.

Digitale Informationen nutzen

Alphabetisierung bedeutet nach seinen Worten heute auch, dass Menschen digitale Informationen nutzen können. "Wir müssen dafür sorgen, dass weltweit, aber auch in Deutschland alle von den Vorteilen der Digitalisierung profitieren und niemand abgehängt wird", betonte Hirche. Mit bundesweiten Aktionen rund um den 51. Weltalphabetisierungstag am Freitag wollen Selbsthilfegruppen, Volkshochschulen, Künstler und Fachleute über das Ausmaß mangelnder Lese- und Schreibkompetenzen in Deutschland informieren.

Geplant sind nach Angaben des Bundesverbands Alphabetisierung und Grundbildung unter anderem Lesepicknicks, Fachtagungen und Workshops. Mit einem "Alfa-Mobil" werden Betroffene und ihre Angehörigen auf Lese- und Schreibkurse in ihrer Nähe hingewiesen. Zur Bundestagswahl am 24. September werden Broschüren in einfacher Sprache zum Thema Demokratie verteilt. Alle Termine sind im Internet auf einer interaktiven Karte abrufbar.

Der Bundesverband Alphabetisierung mit Sitz in Münster bietet seit rund 30 Jahren Hilfen für sogenannte funktionale Analphabeten an, die trotz Schulbesuch erhebliche Lese- und Rechtschreibschwächen haben. Neben Bildungskursen gibt es ein kostenloses Beratungstelefon und interaktive Lernportale. Im Wahljahr 2017 sind zudem leicht lesbare Wahlprüfsteine auf der Homepage des Verbands abrufbar.

Die Unesco, die den Welttag der Alphabetisierung ins Leben rief, vergibt auch in diesem Jahr Geldpreise an innovative Bildungsprojekte. Die mit insgesamt 100.000 Dollar (gut 84.000 Euro) dotierten Auszeichnungen der UN-Kulturorganisation gehen an Bildungsprojekte aus Kanada, Kolumbien, Jordanien, Pakistan und Südafrika.

missio: "Bildung zentrales Mittel gegen Armut"

Das internationale katholische Missionswerk missio München hat indes auf die Bedeutung von Schulen und Universitäten in Krisengebieten hingewiesen. Bildungseinrichtungen seien "überlebenswichtig, denn sie schaffen eine Perspektive und machen Mut", sagte missio-Präsident Wolfgang Huber in München. Bildung sei auch "das zentrale Mittel gegen Armut". Gerade in vielen ländlichen Regionen sei der Schulbesuch aber noch ein Privileg, das Mädchen und Frauen verwehrt bleibe. Lokale Angebote könnten die Gesellschaft zum Umdenken bewegen.

Huber verwies darauf, dass die Kirche oft auch dort noch Schulen betreiben könne, wo Krieg herrscht. Das sei etwa im syrischen Aleppo der Fall gewesen. In Syrien und im Libanon ermögliche missio München, dass jedes Jahr mehr als 6.000 Kinder mit Schulgeld und Lernmaterial ausgestattet würden. Auch die Online-Universität des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes werde mitgetragen. So könnten junge Afghanen an US-Hochschulen ein Fernstudium absolvieren. In Deutschland seien mit der Unterstützung des Missionswerks Kursmodule für Flüchtlinge entwickelt worden.

missio München wurde 1838 von Bayernkönig Ludwig I. gegründet. Es unterstützt heute nach eigenen Angaben jährlich mit rund 13 Millionen Euro Bildungsprojekte, den Aufbau kirchlicher Infrastrukturen, die Gleichberechtigung und den interreligiösen Dialog in 54 Ländern Afrikas, Asiens und Ozeaniens.


Wolfgang Huber, Präsident von missio München / © Christoph Mukherjee (KNA)
Wolfgang Huber, Präsident von missio München / © Christoph Mukherjee ( KNA )
Quelle:
KNA , epd