KAB kritisiert Trend zu befristeten Arbeitsverträgen

"Das ist in Wirklichkeit ein Skandal"

Nur noch jeder Zweite bekommt einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Besonders junge Arbeitnehmer sind betroffen. Die Familienplanung fällt dann oft zum Opfer, kritisiert die Katholische Arbeitnehmer Bewegung und fordert ein Umdenken.

Arbeitsvertrag / © Jens Schierenbeck (dpa)
Arbeitsvertrag / © Jens Schierenbeck ( dpa )

domradio.de: Nur noch jeder Zweite bekommt einen unbefristeten Job, war das abzusehen? 

Maria Etl (Bundesvorsitzende der KAB Katholische Arbeitnehmer Bewegung): Ja, eigentlich schon. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind so konstruiert, dass es den Arbeitgebern sehr leicht gemacht wird, Befristungen vorzunehmen. Und das tun sie auch.

domradio.de: Wie kommt es denn dazu, dass immer weniger Arbeitgeber unbefristete Jobs vergeben?

Etl: Grundsätzlich tut sich der Arbeitgeber immer viel leichter, eine Befristung einzugehen. Wenn Arbeitsaufträge da sind, dann wird gearbeitet und es ist nicht immer absehbar, wie lang dieser Zustand anhält. Es ist gerade in der Vergangenheit wirtschaftlich nicht immer einfach gewesen. Die Arbeitgeber haben das einfach so gelöst, indem sie gesagt haben: "Wir stellen mal für ein paar Monate jemanden an und dann schauen wir mal". Es ist gesetzlich natürlich viel einfacher, einen befristeten Vertrag auslaufen zu lassen, als einen unbefristeten Vertrag zu kündigen.

domradio.de: Es trifft besonders die Jüngeren. "Fatal, denn das ist gerade das Alter, in dem die Familienplanung eigentlich im Mittelpunkt stehen sollte", sagte die Grünen-Abgeordnete Beate Müller-Gemmeke. Was sagen sie dazu?

Etl: Es ist in Wirklichkeit ein Skandal. Grade bei den 30 bis 39-Jährigen haben wir jetzt 49 Prozent befristete Verträge - und das ist schon sehr viel. Das bedeutet wirklich, dass man sehr, sehr schlecht planen kann. Der Partner hat möglicherweise auch einen befristeten Vertrag und dann kommen Fragen: "Wie machen wir das jetzt mit den Kindern?" Also die Planungsunsicherheit ist auf jeden Fall gegeben und daher ist es irgendwie verständlich, dass immer mehr junge Menschen sagen, dass sie mit der Familienplanung warten. 

domradio.de: Wenn wir einfach ein bisschen in die Zukunft schauen, wohin führt uns das, wenn immer weniger Menschen befristet angestellt werden?

Etl: Es ist kein gutes Zukunftsbild, würde ich mal sagen. Es ist jetzt wichtig, eine sofortige Abschaffung der sachgrundlosen Befristung zu fordern und es ist eine konkrete Forderungen an die Politik, diese Gesetzeslage zu ändern. 

domradio.de: Kann man denn als Arbeitnehmer dem entgegenwirken?

Etl: Na ja, nicht wirklich. Man kann sich entscheiden, ob man nur einen unbefristeten Vertrag oder auch einen befristeten annimmt. Aber bevor man keinen Job hat, nimmt man sicher auch einen befristeten. 

domradio.de: Wie kann man denn diesem Trend entgegenwirken, beziehungsweise muss man das machen?

Etl: Ja, das glaube ich schon. Es braucht auf jeden Fall einen Rückbau der sogenannten prekären Beschäftigungen. Es braucht Planungssicherheit, es braucht Mitbestimmung und es braucht festgelegte Zeiten. Denn befristete Verträge sind oft so, dass sie sehr flexibel gehandhabt werden. Also, man setzt die Arbeitnehmer dann ein, wenn man sie braucht und das ist oft sehr, sehr kurzfristig. Dann sagt man mal: "Ja, wir brauchen Dich heute zwischen 8 Uhr und 12 Uhr und dann brauchen wir dich vielleicht zwischen 16 Uhr und 18 Uhr, aber sicher ist es noch nicht". So ist der Arbeitgeber zwar super ausgestattet mit seinen Arbeitskräften, aber den Leuten kann es nicht gut gehen, weil sie einfach keine Planungssicherheit haben.

Das Interview führte Milena Furman.


Quelle:
DR