Erinnerungsort für die Opfer des Olympia-Attentats 1972

Ein "Einschnitt" ins Leben von heiteren Spielen

Der Terror des "Schwarzen Septembers" brachte den brutalen Einschnitt. Beim Olympia-Attentat 1972 in München kamen elf israelische Sportler und ein Polizist ums Leben. Nun erinnert eine neue Gedenkstätte an die Opfer.

Autor/in:
Barbara Just
Erinnerungsort im Münchener Olympiapark an das Attentat von 1972 / © Felix Hörhager (dpa)
Erinnerungsort im Münchener Olympiapark an das Attentat von 1972 / © Felix Hörhager ( dpa )

"Heitere Spiele" sollen es werden, als sich im Sommer 1972 die Jugend der Welt zum sportlichen Wettkampf in München trifft.

27 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs will sich Deutschland bei den XX. Olympischen Spielen der Neuzeit von einer modernen Seite zeigen. Eine bunte, warmherzige Eröffnung steht am Anfang, doch wenige Tage später schlägt die Stimmung um. In den Morgenstunden des 5. September dringen palästinensische Terroristen der Organisation "Schwarzer September" in das Olympische Dorf ein und stürmen die Quartiere des israelischen Teams. Die Folge: zwei tote Israeli - und deren neun noch lebenden Landsleute in der Gewalt von Geiselnehmern.

Erinnerungsort im Olympiapark

In der Nacht darauf scheitert ein von den deutschen Behörden unternommener Befreiungsversuch auf dem Fliegerhorst Fürstenfeldbruck. Alle israelischen Sportler und ein bayerischer Polizist werden von den Terroristen ermordet. Auch fünf der acht Attentäter kommen ums Leben. 45 Jahre danach wird nun an diesem Mittwoch in München ein Erinnerungsort an die Opfer im Olympiapark offiziell seiner Bestimmung übergeben. Erwartet werden dazu Angehörige sowie der israelische Staatspräsident Reuven Rivlin und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

"Der Erinnerungsort kommt spät, aber nicht zu spät", ist Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) überzeugt, als er ihn am Montag vorstellt. Ziel sei es, hier den Opfern ein Gesicht zu geben und die historische Dimension des Ereignisses deutlich zu machen. Das Büro Brückner & Brückner hat mitten in der Hügellandschaft architektonisch die Idee eines "Einschnitts" umgesetzt. Fünf Stufen nach unten führen hinein in ein mit einem begrünten Dach bedecktes Areal, das bis auf eine Seite rundum offen ist.

Dem Besucher bietet sich der Blick auf die olympischen Stätten und auf das Olympiadorf mit der Connollystraße 31, wo der Terror begann.

Auf dem vorgelagerten Lindenhügel standen damals die Reporter auf Leitern und fotografierten und filmten das sich ihnen bietende Geschehen. Wie ein Keil hat das Ereignis in die Spiele und in das Leben dieser Menschen eingeschlagen. Ein solcher ist es auch, auf dem nun die Lebensgeschichten der Opfer in Kurzform auf Deutsch und Englisch sowie mit Bildern erzählt werden.

Angehörige der Opfer unterstützen Denkmal

Einer von ihnen ist Adrei Spitzer. 1945 in Rumänien als Sohn von Holocaust-Überlebenden geboren, emigriert er mit seiner früh verwitweten Mutter 1964 nach Israel. Von Jugend an begeistert er sich für den Fechtsport. 1968 schickt ihn der israelische Fechtverband an eine niederländische Sportakademie, wo er seine zukünftige Frau Ankie kennenlernt. Drei Jahre später heiraten sie, am 27. Juni 1972 kommt Tochter Anouk zur Welt. Im August fährt Spitzer als Cheftrainer der Fechter mit der israelischen Mannschaft nach München. Seiner Tochter bleibt als Erinnerung an ihren Vater ein letztes Geschenk: Waldi, der Olympiadackel - das Plüschmaskottchen.

Den Angehörigen der Opfer ist es zu verdanken, dass diese privaten Geschichten erzählt werden können. Denn sie unterstützten intensiv das Entstehen des Denkmals. Bisher gab es im einstigen Olympiadorf nur am Ort des Geschehens eine Gedenktafel mit den Namen der Toten.

Regelmäßig werden dort, einer jüdischen Tradition folgend, Steine abgelegt. Fritz Koenig schuf 1995 dann einen Klagebalken, der auf der Hanns-Braun-Brücke im Olympiapark steht. Das Mahnmal versteht sich als Zeichen gegen den Terror. Der riesige Granitquader holte der Künstler bewusst aus dem Steinbruch bei Flossenbürg, in dessen Nähe sich einst das gleichnamige Konzentrationslager befand.

Gut 2,35 Millionen Euro hat dieser neue Erinnerungsort gekostet.

Daran beteiligen sich der Freistaat, die Bundesrepublik Deutschland, die Landeshauptstadt München, das Internationale Olympische Komitee, der Deutsche Sportbund und die Foundation for Global Sports Development. 365 Tage im Jahr und rund um die Uhr wird die Stätte künftig geöffnet sein. Als Loop läuft ein 25-minütiger Film auf einer gefalteten Leinwand. Er erzählt von jenen 36 Stunden, die alles veränderten. Doch am Ende hieß es: "The Games must go on."


Videoloop erinnert an Olympia-Attentat 1972 / © Felix Hörhager (dpa)
Videoloop erinnert an Olympia-Attentat 1972 / © Felix Hörhager ( dpa )
Quelle:
KNA