Diskussion um gebührenfreie Kitas

"Familien zieht es nach Rheinland-Pfalz"

Sollten Kita-Plätze gebührenfrei sein? Die Diskussion darum ist jedenfalls im vollen Gange. In Rheinland-Pfalz gibt es sie bereits, die für Eltern kostenfreie Kita-Betreuung. Auch das Erzbistum Köln hat dort Tagesstätten. Ein Blick dorthin.

Betreuung in einer Kita (dpa)
Betreuung in einer Kita / ( dpa )

domradio.de: Seit mehreren Jahren zahlen Eltern keine Beiträge mehr für die Betreuung ihrer Kinder ab zwei Jahren in Rheinland-Pfalz, macht sich das irgendwie bemerkbar?

Heidi Kinne (Erzieherin in der katholischen Kita St. Bartholomäus in Windhagen): Wir stellen fest, dass viele Zweijährige unsere Kita besuchen und dass der Bedarf stetig steigt. Es ist auch so, dass die Ganztagsplätze sehr beliebt sind, denn in Rheinland-Pfalz zahlen die Eltern nur das Mittagessen und nicht die Betreuungsstunden. In den letzten Jahren sind immer mehr junge Familien mit Kindern nach Rheinland-Pfalz gezogen, aus bestimmten Gründen, zum Beispiel wegen der finanziellen Unterstützung.

domradio.de: Das heißt, wenn bei Ihnen ein Kind angemeldet wird, haben sie Elterngespräche, bei denen die Eltern sagen "Wir sind nach Rheinland Pfalz gezogen, weil wir hier keine Kita-Gebühren zahlen?"

Kinne: Unter anderem. Es kommen natürlich noch viele andere Gründe dazu.

domradio.de: Eine Entlastung für die Eltern spricht natürlich für die Beitragsfreiheit, was spricht aus Ihrer Warte noch dafür?

Kinne: Ich denke, aus Kindersicht ist es auch die Chancengleichheit für alle Kinder und Familien. Jedes Kind hat einfach die Möglichkeit, ab dem zweiten Lebensjahr in eine Bildungseinrichtung zu gehen. Es kann sie besuchen, denn es ist kostenlos. Bildung darf einfach nichts kosten. Das ist ja dieses Schlagwort, was man immer wieder hört.

domradio.de: Bei uns gibt es dieses Sprichwort: "Was nichts kostet, das ist auch nichts". Wie sieht denn Ihre Erfahrung mit den Eltern aus: Wenn der Platz nichts kostet, sinkt dann auch die Bereitschaft, sich in der Kita mit einzubringen?

Kinne: Also wir können das bei uns nicht feststellen. Wir haben ein sehr aktives Leben mit den Eltern. Die gestalten Feste mit, der Elternausschuss plant und organisiert jedes Jahr ein Sommerfest. Sie sind immer mit dabei, und das ist schön zu sehen. Was wir natürlich nach mehreren Jahren auch immer wieder sehen, ist der Wandel der Familien. Im Hinblick auf das Zeitmanagement gibt es viele Termine, die die Eltern haben. Bei vielen sind ja auch beide Eltern berufstätig. Es ist oftmals eine Gradwanderung, welche Termine man wahrnimmt. Trotzdem engagieren sich die Eltern sehr bei uns.

domradio.de: In der Bertelsmann-Studie ist festgestellt worden, dass die Qualität der Kitas insgesamt angestiegen ist. Was glauben Sie, woran liegt das?

Kinne: Wir sehen hier, dass die Erzieher heute überdurchschnittlich engagiert sind. Ihnen ist die Arbeit mit den Eltern und mit dem Kind wichtig. In unserer Kita haben wir regelmäßig Fortbildungen für alle Teammitglieder. Es wird an pädagogischen Konzepten gearbeitet, es wird sich ausgetauscht, reflektiert. Ich glaube, das zeichnet diese Qualität auch aus, sich mit allem auseinanderzusetzen. Wir arbeiten in einem Qualitätsmanagement, wo unsere gesamte Arbeit dokumentiert, reflektiert und überarbeitet wird. Ich denke, so erzielen wir diese Qualität in unseren Kitas.

domradio.de: Es wird ja auch kritisiert, dass es zu wenig Personal gibt - obwohl die Zahlen steigen. Warum wählen nicht noch mehr den Beruf des Erziehers, der Erzieherin?

Kinne: Ich glaube schon, dass es eine zu lange Ausbildungszeit ist, ohne eine entsprechende Vergütung für die jeweiligen Aspiranten. Der Beruf bringt immer mehr steigende Belastungen im Alltag mit sich: Immer mehr jüngere Kinder und das Tragen der Kinder wird zu einer körperlichen Anstrengung. Weitere Beispiele sind auch das Spielen auf dem Boden, der ansteigende Geräuschpegel und die größeren Gruppenformen mit 25 Kindern. Leider gibt es auch noch einen ganz schlechten Personalschlüssel. Auch die schlechtere Bezahlung und die unflexiblen Arbeits- und Urlaubszeiten sind, denke ich, für viele ein Hinderungsgrund, diesen Beruf zu wählen

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Quelle:
DR