Früherer EKD-Chef zur Islam-Debatte

Wo bleibt die Streitkultur?

Reagieren die Kirchen zu vorsichtig auf Terroranschläge? Dieser Meinung ist jedenfalls der frühere EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber. Er wirft den Kirchen eine Verharmlosung des religiösen Hintergrunds von Terrorakten vor.

Trauer um Terroropfer / © Britta Pedersen (dpa)
Trauer um Terroropfer / © Britta Pedersen ( dpa )

Weil der Islamismus immer auch islamfeindliche Stimmung provoziere, unterbleibe teils Aufklärung, sagte er im Interview der Wochenzeitung "Zeit". "Und die liberale Islamtheologie erstickt in Morddrohungen. Dagegen helfen nur klare Worte."

Zurückweisung inakzeptabler Positionen

Toleranz brauche auch die Zurückweisung inakzeptabler Positionen, so der evangelische Bischof. Religion an sich gewährleiste noch keinen Zusammenhalt. Auch das Christentum habe mühsam lernen müssen, "dass Selbstkritik ein Segen ist", sagte Huber unter Verweis auf die Konflikte zwischen Protestanten und Katholiken.

Neue Streitkultur gefordert

Generell brauche es eine neue Streitkultur. "Wir erleben eine neue Subkultur der Selbstgerechtigkeit", kritisierte Huber. Dadurch verhärteten sich die politischen Fronten. "Wir müssen schleunigst aufhören, uns gegen unliebsame Meinungen abzuschotten." Menschenfeindliche Äußerungen verdienten eine klare Absage. Zugleich könne sich jeder fragen, wann er einem politischen Gegner zuletzt nicht ausgewichen sei. "Hier kommt es eben nicht nur darauf an, dessen Meinung zu widerlegen, sondern ihm als Person Respekt zu erweisen."

Im Hinblick auf den Wahlkampf forderte der Theologe, die Parteien müssten "sofort aufhören mit der Selbstgerechtigkeit". Sie sollten sich nicht in Gruppen Gleichgesinnter verschanzen und über jene herziehen, mit denen sie uneins seien. Selbstgerechtigkeit töte den öffentlichen Diskurs, warnte Huber.


Wolfgang Huber / © Paul Zinken (dpa)
Wolfgang Huber / © Paul Zinken ( dpa )
Quelle:
KNA