Bundesweit arbeiten Schüler einen Tag lang für Gleichaltrige in Afrika

Reden kann jeder, helfen auch

Ställe ausmisten, Rasen mähen oder Gemüse schnibbeln: Schon mehr als zweieinhalb Millionen Kinder und Jugendliche haben sich seit 2003 bei der "Aktion Tagwerk" für Afrika engagiert. Die Kampagne aus Rheinland-Pfalz findet im ganzen Bundesgebiet Zuspruch.

Autor/in:
Karsten Packeiser
"Dein Tag für Afrika" / © Kristina Schaefer (epd)
"Dein Tag für Afrika" / © Kristina Schaefer ( epd )

Siggi kam mit gebrochenem Ellenbogen, Tamara wurde von einem Hilfsverein vor dem Schlachter bewahrt. Die beiden prächtigen Kaninchen genießen den kurzen Auslauf, während Anna Stendtke ihren Stall ausmistet. Schon seit dem Morgen arbeitet die Zwölftklässlerin im Mainzer Tierheim. Gemeinsam mit zwei anderen Mädchen ihres Gymnasiums hat sie erst bei den Katzen aufgeräumt, jetzt putzt sie in der Kleintierabteilung. Geld werden die Schülerinnen am Ende ihres Arbeitstages nicht mit nach Hause nehmen, denn der gesamte Verdienst kommt Gleichaltrigen in Afrika zugute. Zum mittlerweile 15. Mal hatte der in Mainz ansässige Verein "Aktion Tagwerk" Schülerinnen und Schüler aufgefordert, einen Tag lang nicht wie gewohnt zum Unterricht zu gehen, sondern zu arbeiten.

Die Kampagne "Dein Tag für Afrika" soll jungen Menschen helfen, für die ein Schulbesuch keine Selbstverständlichkeit ist. 200.000 Schüler beteiligten sich 2017, jobbten in Restaurantküchen, standen als Verkäufer an der Kasse oder mähten beim Nachbarn den Rasen. Manche suchten sich auch ungewöhnliche Gelegenheitsjobs, etwa als Fahrkartenverkäufer auf einer Rheinfähre oder als Assistentin eines Schornsteinfegers. Insgesamt kam bundesweit auf diese Weise ein Erlös von schätzungsweise 1,4 Millionen Euro zusammen.

Neue Klassenräume in Ruanda 

"Die Idee fand ich einfach genial", erzählt der Geschichtslehrer Werner Ostendorf, der am traditionsreichen Mainzer Rabanus-Maurus-Gymnasium seit Jahren Jobangebote für seine Schüler organisiert. Rund 100 machen in diesem Jahr mit. "Reden kann jeder", sagt Ostendorf. Die Afrika-Kampagne der "Aktion Tagwerk" zeige den Schülern, dass auch jeder helfen könne. Die Regeln der Kampagne sehen vor, dass die Erlöse an Projekte der Kinderhilfsorganisation "Human Help Network" und von "Brot für die Welt" fließen. Schulen, die sich offiziell beteiligen, dürfen einen Teil aber auch für eigene Schulpartnerschaften abzweigen.

Das Rabanus-Maurus-Gymnasium unterhält - wie viele rheinland-pfälzische Schulen - eine solche Partnerschaft mit Ruanda. Dort sollen demnächst mit deutschen Geldern neue Klassenräume gebaut werden, damit der Unterricht nicht mehr im Schichtdienst stattfinden muss. Ostendorf war vor einigen Jahren vor Ort, sah die Armut im Land, die vielen arbeitslosen jungen Leute, die mit Gelegenheitsarbeiten für einen ganzen Tag lediglich einen Euro erhalten. "Das ist meine Motivation", sagt der Lehrer.

Immer mehr Freiwillige 

Der Zuspruch zur Hilfskampagne scheint ungebrochen. In diesem Jahr waren offiziell noch einmal 20.000 Schüler mehr angemeldet als 2016. "Das gibt Hoffnung, insbesondere in diesen unruhigen Zeiten", freut sich die "Aktion-Tagwerk"-Vorsitzende Nora Weisbrod. Mittlerweile sei schon die zweite Schülergeneration herangewachsen, die sich für afrikanische Kinder und Jugendliche engagiere. Dass die Hilfsaktion überflüssig wird, ist unwahrscheinlich. Derzeit werden ohnehin nur Hilfsprojekte in den fünf Staaten Ruanda, Uganda, Burundi, Südafrika und Ghana gefördert. Für eine Ausweitung fehlten die Mittel.

Anna Stendtke ist bereits zum dritten Mal dabei, in den vergangenen Jahren hat sie an einem Bierstand und in einem Kindergarten ausgeholfen. "Ich finde die 'Message' sehr wichtig", sagt sie, während sie Heu und Hasenköttel im Tierheimstall zusammenfegt. In Deutschland wisse kaum jemand zu schätzen, was das Recht auf Schulbesuch und Unterricht eigentlich bedeute.


Quelle:
epd