Vor 225 Jahren kam die Guillotine erstmals zum Einsatz

Geschichte des Fallbeils

Ein Klavierbauer, ein todunglücklicher Mediziner und ein Straßenräuber: Mit diesen Dreien beginnt die schaurige Geschichte der Guillotine. Beklemmender ist freilich, dass Hinrichtungen immer noch stattfinden.

Guillotine im Kriminologischen Museum Rom / © Wolfgang Radtke (KNA)
Guillotine im Kriminologischen Museum Rom / © Wolfgang Radtke ( KNA )

"Gestern, um halb vier Uhr nachmittags, wurde zum ersten Male die Maschine zum Einsatz gebracht, die dazu bestimmt ist, zum Tode verurteilte Straftäter zu köpfen." So verzeichnete die Gazette "Chronique de Paris" in ihrer Ausgabe vom 26. April 1792 ein ebenso schauriges wie geschichtsträchtiges Ereignis, das am Tag zuvor stattgefunden hatte: die erste Hinrichtung mit der Guillotine. Das mehr als zweifelhafte Vergnügen, vor 225 Jahren die Premiere als Hauptperson zu erleben, hatte der Straßenräuber Nicolas-Jacques Pelletier.

Dem unglücklichen Schnapphahn folgten in den Wirren der Französischen Revolution König Ludwig XVI. als "Bürger Capet" sowie seine Gattin Marie-Antoinette, aber auch Maximilien de Robespierre, der mit dabei geholfen hatte, den Monarchen aufs Schafott zu bringen. Ob Adeliger, Revolutionäre oder Verbrecher: Vor dem "rasoir national", dem "nationalen Rasiermesser", waren alle gleich. Und genau das hatten die Befürworter des neuen Apparates unter anderem im Sinn. Sie wollten eine möglichst "schmerzfreie" Hinrichtungsart für alle - ohne Unterschied des Standes.

Rund um die Namensgebung

Besonders hervor tat sich bei der Debatte über eine "Humanisierung" der Todesstrafe der Mediziner und Politiker Joseph-Ignace Guillotin. Gern wird ihm das zynisch klingende Bonmot zugeschrieben: "Die Guillotine ist eine Maschine, die den Kopf im Handumdrehen entfernt und das Opfer nichts anderes spüren lässt, als ein Gefühl erfrischender Kühle." Starke Zweifel ob der historischen Authentizität sind angebracht. Denn anfangs hieß die neue Apparatur "Louisette", nach Guillotins Kollegen Antoine Louis. Guillotin selbst und seine Familie sollen todunglücklich mit der abschließenden Namensgebung gewesen sein.

Zu den treibenden Kräften auf praktischer Ebene gehörte schließlich ein Klavierbauer mit mutmaßlich deutschen Wurzeln, Tobias Schmidt. Er verfügte über die notwendigen Kenntnisse der Mechanik sowie der Holz- und Metallverarbeitung. Sein Wunsch, die Tötungsmaschine patentieren zu lassen, stieß allerdings auf wenig Gegenliebe. Es widerstrebe der menschlichen Gesinnung, ein Patent für diese Art von Erfindungen zu erteilen, notierte Innenminister Clement Felix Champion de Villeneuve im Juli 1792. "An einem solchen Exzess von Barbarei sind wir noch nicht angelangt." Nur wenig später sollten die Köpfe in Massen rollen. Das Fallbeil fiel vor allem zwischen Mitte 1793 und Sommer 1794 im Akkord.

Exportschlager der Französischen Revolution

Der "Große Terror" ging vorbei, die Guillotine blieb - und wurde in unterschiedlicher Ausfertigung zu einem schaurigen Exportschlager der Französischen Revolution. Selbst der Henker des Papstes, Giovanni Battista Bugatti (1779-1869), griff mit dem Segen von Papst Pius VII. seit 1816 auf die Erfindung aus Frankreich zurück. Im Mutterland der Revolution starb 1977 der letzte Delinquent unter der Guillotine. Es handelte sich um den aus Tunesien stammenden Mörder Hamida Djandoubi.

Die damalige Untersuchungsrichterin Monique Mabelly protokollierte das sinistre Ritual im Gefängnis Les Baumettes in Marseille. "Ich höre ein dumpfes Geräusch. Ich drehe mich um - Blut, sehr viel Blut, sehr rotes Blut, der Körper ist in den Korb gekippt. Innerhalb einer Sekunde wurde ein Leben durchtrennt. Der Mann, der kaum eine Minute zuvor noch sprach, ist nichts weiter mehr als ein blauer Pyjama in einem Korb. Ein Wärter holt einen Wasserschlauch. Die Spuren des Verbrechens müssen schnell verwischt werden. Eine Übelkeit steigt in mir auf, doch ich beherrsche sie. In mir ist kalter Abscheu."

Aktuelle Daten und Fakten zur Todesstrafe

Die Guillotine mag Geschichte sein - die Todesstrafe ist es nicht, wie die Statistiken von Amnesty International zeigen. Zwar wurde 2016 mit weltweit mindestens 1.031 Hinrichtungen seltener im Namen des Staates getötet, als im Jahr davor mit 1.634 Hinrichtungen. Dafür gab es deutlich mehr Todesurteile.

Unterdessen geht auch die Debatte über eine «humane» Vollstreckung der Todesstrafe weiter. So plädierte ein saudischer Wissenschaftler vor zwei Jahren für drei aufeinanderfolgende Injektionen mit steigenden Dosen eines Betäubungsmittels. Dieses Verfahren habe schon Adolf Hitlers Begleitarzt Karl Brandt im Rahmen der Euthanasie-Aktion angewandt, sagte er.


Quelle:
KNA