Drastische Kürzungen bei Indigenenbehörde durch Regierung

Weniger Schutz für Völker im brasilianischen Urwald

Die staatliche Indigenenbehörde in Brasilien gilt seit Jahren als unterbesetzt. Nun wurden Medienberichten zufolge Dutzende weitere Fachleute der Behörde entlassen. Ziel könnte deren weitgehende Entmachtung sein.

Autor/in:
Thomas Milz
Protest von Indigenen in Brasilien / © Marcelo Camargo/ Agencia Brasil (dpa)
Protest von Indigenen in Brasilien / © Marcelo Camargo/ Agencia Brasil ( dpa )

Brasiliens Regierung kürzt weiter beim Schutz der indigenen Bevölkerung. Geschlossen wurde jetzt etwa jeder vierte Stützpunkt, der dem Schutz von Indigenenvölkern dient, die isoliert oder ohne Kontakt in Urwäldern leben, wie brasilianische Medien (Freitag) berichteten. Zudem stehe der erst vor kurzem eingesetzte Präsident der staatlichen Indigenenbehörde (Funai), Antonio Costa, vor der Entlassung.

In den vergangenen Tagen seien 87 Fachleute der Funai entlassen sowie 5 von 19 Stützpunkten zum Schutz isolierter Völker geräumt worden. Drei befinden sich in der Region des Purus-Flusses im Süden des Teilstaates Amazonas, zwei in der Region des Javari-Tals an der Grenze zu Peru. Dort war es zuletzt zu Konflikten zwischen isolierten Völkern und weißen Eindringlingen gekommen.

Goldgräber illegal aktiv

Auch der Kampf gegen illegale Goldgräber auf Indigenenland wird eingeschränkt. So wurden sechs Mitarbeiter abgezogen, die im Teilstaat Roraima ermittelten. Betroffen ist auch die Zusammenarbeit mit der Polizei, die an Operationen der Funai teilnimmt und deshalb von ihr bezahlt wird. Ein Brennpunkt ist dabei das Goldgräberlager am Uraricoera-Fluss auf dem Gebiet der Yanomami-Indigenen. Rund 4.500 Personen sollen dort illegal aktiv sein.

Die Funai gilt schon seit Jahren als chronisch unterbesetzt. Im Zuge der seit 2014 anhaltenden Wirtschaftskrise wurde das Budget stark reduziert. Allein im März wurden 347 Stellen gestrichen und 50 Posten zur Betreuung der Indigenen geschlossen. Das führt auch zu Engpässen bei der Überwachung der riesigen Gebiete. In manchen Regionen hat ein Mitarbeiter im Durchschnitt ein Gebiet von mehr als einer halben Million Quadratkilometer zu überwachen.

Scharfe Kritik von katholischer Seite

Indigenen-Organisationen, darunter der katholische Indigenen-Missionsrat Cimi, hatten die Regierung wegen der Kürzungen zuletzt scharf kritisiert. Die Regierung um Staatschef Michel Temer sei entschlossen, die Funai zu zerstören, so der für indigene Angelegenheiten zuständige Staatsanwalt Luciano Mariz Maia. In der kommenden Woche wollen rund 1.500 Indigene in der Hauptstadt Brasilia ein Protestcamp aufschlagen.

Derweil soll der erst vor wenigen Wochen eingesetzte Funai-Präsident Costa kurz vor seiner Entlassung stehen. Er soll sich geweigert haben, wichtige Positionen innerhalb der Funai mit von Justizminister Osmar Serraglio vorgeschlagenen Politikern zu besetzen. Nun dürfte die Leitung der Funai an Politiker einer evangelikalen Partei abgegeben werden.

Forderung nach Fachleuten

Kritiker hatten gefordert, die Posten mit Fachleuten wie Ethnologen statt mit Politikern zu besetzen. Der bisherige Präsident Costa ist Zahnarzt und evangelikaler Pastor. Justizminister Osmar Serraglio selbst hatte sich zuletzt kritisch über die Landvergabe an Indigene geäußert. Diese repräsentierten nur 0,4 Prozent der Bevölkerung, verfügten jedoch über 13 Prozent des brasilianischen Territoriums. Land alleine würde die Indigenen dabei nicht satt machen, so Serraglio. Kritiker werfen ihm vor, der Agrarlobby nahezustehen, die an einer Reduzierung der Schutzgebiete interessiert ist.


Quelle:
KNA