Experten-Bericht warnt vor Völkermord im Südsudan

Hunger und Bürgerkrieg

Tod, Vertreibung, Hunger: Der ethnisch gefärbte Bürgerkrieg im Südsudan hat eine humanitäre Katastrophe ausgelöst. Droht ein Völkermord? UN-Generalsekretär Antonio Guterres schätzt die Gefahr nun geringer ein - und erntet damit Protest.

Flüchtlinge im Südsudan / © Beatrice Mategwa (dpa)
Flüchtlinge im Südsudan / © Beatrice Mategwa ( dpa )

UN-Generalsekretär Antonio Guterres steht wegen seiner Äußerung, die Gefahr eines Völkermords im Südsudan habe erheblich abgenommen, in der Kritik. Die Gesellschaft für bedrohte Völker in Göttingen warf Guterres am Donnerstag vor, die Gräueltaten zu verharmlosen. "Die Vereinten Nationen dürfen die Gefahr einer weiteren Eskalation schwerster Menschenrechtsverletzungen nicht herunterspielen, denn das ist ein falsches Signal an die internationale Staatengemeinschaft", sagte der Afrika-Referent der Göttinger Menschenrechtsorganisation, Ulrich Delius. In dem ostafrikanischen Land herrscht seit 2013 Bürgerkrieg, der von ethnischen Rivalitäten befeuert wird, mit verheerenden humanitären Folgen.

UN-Generalsekretär Guterres hatte auf einer Pressekonferenz am Mittwoch in der kenianischen Hauptstadt Nairobi erklärt, auch wenn es weiterhin Kämpfe im Südsudan gebe, seien durch den Einsatz der Afrikanischen Union, der UN und regionaler Mächte die Risiken eines Völkermords beträchtlich gesunken. In einem Experten-Bericht, der in der nächste Woche dem UN-Menschenrechtsrat vorgelegt wird, wird jedoch vor der Gefahr eines Völkermordes in dem Konfliktland gewarnt.

Regierungstruppen und Rebellen kämpfen um die Macht

Der Bericht bezieht sich auf Äußerungen des UN-Sonderberaters für die Verhinderung von Völkermord, Adama Dieng, der Anfang Februar betonte, dass im Südsudan die Indikatoren für einen Genozid vorhanden seien. Warnzeichen für einen möglichen Völkermord sowie "ethnische Säuberungen" seien Hass-Botschaften, mit denen mögliche Opfer entmenschlicht werden sollten, sowie gezielte Gewalttaten wie das Bombardieren von Zivilisten und das Abbrennen ganzer Dörfer.

Der UN-Menschenrechtsrat hatte 2016 die Expertenkommission eingesetzt, um die Verbrechen im Südsudan zu untersuchen. In dem Bürgerkrieg kämpfen Regierungstruppen von Präsident Salva Kiir und Rebellen um den früheren Vize-Präsidenten Riek Machar um die Macht. Der UN-Vertreter im Südsudan, David Shearer, warf den Politikern des Landes am Donnerstag vor, mehr ihre eigenen Intrigen zu verfolgen, statt der Bevölkerung in Hunger und Bürgerkrieg zu Lebensmittel und Medizin zu verhelfen.

Wegen der anhaltenden Kämpfe im Südsudan sind nach UN-Angaben fast 3,2 Millionen Menschen auf der Flucht. Von den etwa zehn Millionen Einwohnern sind mehr als die Hälfte auf Lebensmittelhilfe angewiesen. Der Südsudan ist eines der ärmsten Länder der Welt, verfügt aber über reiche Ölvorkommen. Das ostafrikanische Land ist erst seit 2011 unabhängig.


Quelle:
epd