Der Kampf der Gemeinschaft Sant’Egidio gegen Aids in Kenia

"Man bekommt immer mehr Hoffnung"

Die katholische Gemeinschaft Sant'Egidio setzt sich nicht nur für den Frieden, sondern auch im Dienst für die Armen ein. In Kenia engagieren sie sich, um die Not der HIV-Infizierten und Aids-Waisen zu lindern. Ein domradio.de-Interview

Mädchen mit Großmutter / © Dieter Wenderlein (Gemeinschaft Sant’Egidio)

domradio.de: Sie gehören der Gemeinschaft Sant‘Egidio an und haben die HIV-Zentren in Kenia besucht. Wie sieht diese Arbeit praktisch aus?

Dr. Dieter Wenderlein (Gemeinschaft Sant'Egidio): Wir haben im Jahr 2001 damit begonnen, uns mit dem Problem HIV in Afrika auseinanderzusetzen. Wir waren einfach schockiert über diese Ungerechtigkeit, dass es bei uns in Deutschland schon damals gute Medikamente gab, aber in Afrika praktisch gar nichts. Seitdem richten wir Tageszentren ein. Das sind kleine Kliniken, in die die Afrikaner kommen können und sich umsonst auf HIV testen lassen können. Alle, die HIV-positiv sind, bekommen umsonst AIDS-Medikamente, Nahrungsmittelhilfen und viele andere medizinische Hilfsleistungen.

domradio.de: Welche Erfahrungen haben Sie auf Ihrer Reise in den Zentren gemacht?

Wenderlein: Wir unterstützen jetzt in Kenia sieben HIV-Therapiezentren mit knapp 7.000 HIV Patienten in unserem Programm "Dream". Dabei haben wir erfahren, dass HIV in Afrika nach wie vor in vielen Bereichen ein großes Problem ist. Wir haben auf der einen Seite das große Elend der Kranken, aber auf der anderen Seite gibt es ganz gute Möglichkeiten ihnen zu helfen. Das ist ermutigend.

domradio.de: Was haben Sie bei Ihrem Besuch in Kenia noch getan?

Wenderlein: Ich habe unsere Zentren dort besucht. Das sind sehr ländliche Zentren, die sich alle in der Gegend um den Mount Kenia befinden, neben einem sehr großen Zentrum in der Hauptstadt Nairobi. Wir haben uns vor allem gefragt: Wie können wir mehr Patienten erreichen? Wie können wir gerade die arme Bevölkerung in den Dörfern erreichen, damit sie sich auf HIV testen lassen und wir sie behandeln können? Das Zweite, was uns sehr beschäftigt, ist das Stigma. Wer HIV-positiv ist, hat oft sehr große Angst sich zu outen, weil man sofort diskriminiert wird. Das ist nach wie vor der Fall.

Wir arbeiten sehr viel mit HIV-positiven Patienten, die über ihre Erkrankung sprechen. Sie gehen zu den anderen und sagen: "Ich habe es auch. Aber schau mich an: Ich nehme die Medikamente, ich mache die Therapie, ich ernähre mich gut - und ein Leben mit HIV ist möglich." Die Patientinnen, die das tun, nennen wir Aktivistinnen. Mit ihnen haben wir in diesen Wochen, in denen ich da war, sehr viel gearbeitet, um gemeinsam gegen die Diskriminierung der AIDS-Patienten anzugehen.

domradio.de: In Deutschland ist das Thema AIDS gar nicht mehr so präsent. Wie sieht das in Afrika aus?

Wenderlein: In Afrika wird es immer präsenter. Man spricht immer mehr darüber. Es hat viel an der Stigmatisierung verloren, auch gerade dadurch, dass es denjenigen, die die Aids-Medikamente nehmen, eigentlich gut geht. Sie können wieder arbeiten, sie können gesunde Kinder kriegen und ein ganz normales Leben führen. Von daher sehen wir einen ganz interessanten Prozess: Man spricht immer mehr darüber und bekommt immer mehr Hoffnung. Es wird immer mehr zum Thema. Und das muss man nutzen, um möglichst viele, die noch keinen Zugang zu Medikamenten, zu Therapie und zu Hilfsleistungen haben, in die existierenden Hilfsprogramme einzubeziehen.

Das Interview führte Silvia Ochlast.

 

Quelle:
DR