Caritas International warnt vor Hungerkatastrophe und Seuchen in Haiti

"Die Hoffnungslosigkeit ist sehr groß"

Am 4. Oktober zog Hurrikan "Matthew" über Haiti und zerstörte nahezu alles. Für Holger Vieth von Caritas International ist es vor allem wichtig, diese Katastrophe und die betroffenen Menschen nicht zu schnell zu vergessen.

Haiti nach dem Hurrikan / © Orlando Barria (dpa)
Haiti nach dem Hurrikan / © Orlando Barria ( dpa )

domradio.de: Hurrikan "Matthew" zog mit Windgeschwindigkeiten bis zu 230 Stundenkilometern durch Haiti. Wie sieht ein Land nach so einem Wirbelsturm aus?

Holger Vieth (Referent für Öffentlichkeitsarbeit bei Caritas International): Das Land - gerade der Südwesten Haitis - hat natürlich extrem gelitten. Allein in dem Departement Nippes, in dem wir arbeiten, sind mehr als 50.000 Häuser beschädigt oder zerstört. Das heißt, diese Leute haben alle kein Dach mehr über dem Kopf. Dazu kommt natürlich der Hunger. Es wurden bis zu 80 Prozent der Ernte, teilweise sogar noch mehr, zerstört. Das heißt, diese Leute haben unmittelbar nichts zu essen und müssen versorgt werden. Dann kommt noch die hygienische Situation dazu. Cholera und eine Verseuchung von Wasser drohen. Das macht es sehr schwierig für die Menschen. Auch perspektivisch sehen sie keine wirkliche Zukunft.

domradio.de: Medien sprechen von einer aufgeheizten Stimmung auf Haiti. Worauf ist die zurückzuführen?

Vieth: Die Hoffnungslosigkeit ist natürlich gerade sehr groß. Und wenn man sieht, dass die ganze Ernte zerstört wurde, und man gar nicht weiß, wie man sich den Tag und die Woche über ernähren soll, wie man an frisches Wasser kommt, ist das nachzuvollziehen Der Südwesten liegt in einem infrastrukturellen Nadelöhr; das heißt, es ist relativ schwierig, über eine Straße die Hilfsgüter dorthin zu transportieren. Das ist schon eine logistische Herausforderung und der stellen wir uns jetzt gerade.

domradio.de: Sie sprechen das Nadelöhr an: Laufen die Hilfsmaßnahmen schon wie geplant?  

Vieth: Es laufen erste Verteilungen. Wir haben gerade Mitarbeiter vor Ort, die mit den Partnern längerfristige Hilfe koordinieren. Da gehört die Verteilung von Nahrungsmitteln sowie von Chlortabletten dazu, um das Wasser zu reinigen. Aber auch die Verteilung von Saatgut ist wichtig, damit sich die Leute ein eigenes Auskommen wieder aufbauen können. Und natürlich Wiederaufbauhilfe.

domradio.de: Kann man etwas von Deutschland aus tun?

Vieth: Der beste Weg zu unterstützen, ist, einfach Geld zu spenden. Sachspenden verursachen einen enormen logistischen Aufwand und binden sehr viele Kapazitäten. Das ist der beste Weg, den Menschen zu helfen. Aber es ist auch wichtig, auch auf die Katastrophe aufmerksam zu machen, denn die gerät schnell in Vergessenheit. Gerade bei solchen Katastrophen wie Wirbelstürmen ist es sehr oft so, dass bei dem akuten Ereignis hingeschaut wird und es später ein stückweit in den Hintergrund gerät. Einfach über die Katastrophe zu sprechen, hilft den Menschen auch.

domradio.de: Das Land hat immer wieder mit den Folgen von Naturkatastrophen zu kämpfen. Kaum hat Haiti sich berappelt, kommt der nächste Hammer. Wieso trifft es Haiti immer wieder so hart?

Vieth: Haiti liegt in einer Schneise, in der Wirbelstürme häufiger auftreten. Auch die Kontinentalplatten, die dort stehen, sorgen dafür, dass Haiti auch von Erdbeben nicht verschont bleibt. Das ist eine ungünstige geographische Lage. Hinzu kommt, dass Haiti eines der ärmsten Länder der westlichen Hemisphäre ist, und dadurch auch noch mal mehr gebeutelt ist.

Das Gespräch führte Daniel Hauser.


Quelle:
DR