World Vision: Bislang keine Beweise gegen Mitarbeiter im Gazastreifen

Was steckt hinter dem Verdacht?

Die christliche Kinderhilfsorganisation World Vision hat bislang keine Belege dafür, dass ein palästinensischer Mitarbeiter Gelder in Millionenhöhe an die radikal-islamische Hamas im Gazastreifen umgeleitet hat.

Die Hamas mobilisiert (dpa)
Die Hamas mobilisiert / ( dpa )

 So lange für die Anschuldigungen israelischer Behörden keine Beweise vorliegen, gelte für den Mann die Unschuldsvermutung, sagte die Pressesprecherin der Deutschlandzentrale von World Vision, Silvia Holten, am Dienstag in Friedrichsdorf dem Evangelischen Pressdienst (epd). Wegen der Schwere der Vorwürfe habe die Organisation alle Aktivitäten im Gazastreifen ausgesetzt.

Die israelische Botschaft in Berlin hatte am Freitag mitgeteilt, dass der Bauingenieur seit 2010 bis zu 45 Millionen US-Dollar aus Spendengeldern aus aller Welt in die Kassen der Hamas umgeleitet haben soll. Die Gelder seien zum Tunnelbau und zum Waffenkauf verwendet worden. Das hätten Untersuchungen des israelischen Inlandsgeheimdienstes Shin Bet ergeben. Der Mann sei Mitte Juni festgenommen worden und habe die Veruntreuungen gestanden. Deswegen sei von einem Bezirksgericht Anklage gegen ihn erhoben worden.

Unabhängige Agentur beauftragt

Holten sagte, World Vision habe eine unabhängige Agentur damit beauftragt, die Finanztransaktionen aus dem Büro in Gaza zu untersuchen. Bisher habe sie keine Unregelmäßigkeiten feststellen können. Der Mitarbeiter sitze in Untersuchungshaft. Sein Anwalt Mohammed Mahmoud habe noch keinen Einblick in die Akten erhalten. Im Übrigen bezweifle er das Geständnis seines Mandanten.

Nach den Angaben von Holten hat das Büro in Gaza in den vergangenen Jahren insgesamt 22,5 Millionen US-Dollar erhalten. Aus Deutschland seien in diesem Zeitraum rund 1,1 Millionen Euro gekommen, insbesondere vom Auswärtigen Amt, dem Bundesentwicklungsministerium und von einigen privaten Großspendern.

Als Teamleiter erst seit 2014 für alle Gaza-Projekte zuständig

Der Mitarbeiter sei als Teamleiter erst seit 2014 für alle Gaza-Projekte zuständig gewesen. Er habe über maximal 15.000 US-Dollar alleine entscheiden können. "Für die Weiterleitung höherer Summen war die Unterschrift eines Vorgesetzten notwendig", sagte Holten.

World Vision arbeite seit 40 Jahren im Gazastreifen. Zurzeit würden dort 40 Kinderschutzzentren unterhalten, in denen rund 10.000 Kinder betreut würden, darunter viele mit Traumatisierungen. Außerdem unterstütze die Organisation Bildungs-, Gesundheits- und Landwirtschaftsprojekte. Weltweit ist die Organisation nach eigenen Angaben in 99 Ländern aktiv.


Quelle:
epd