Antikapitalistische Ordensleute für Verbot von Briefkastenfirmen

Stetige Mahner

Christliche Kapitalismus-Kritiker sehen sich durch die Panama Papers in ihrem Protest bestätigt. Gregor Böckermann von "Ordensleute für den Frieden" protestiert wöchentlich vor der Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt.

Kapitalismuskritiker in Frankfurt / © Ordensleute für den Frieden
Kapitalismuskritiker in Frankfurt / © Ordensleute für den Frieden

domradio.de: Was schreiben Sie sich denn an diesem Donnerstag auf die Plakate, wenn Sie sich wieder vor die Deutsche Bank stellen?

Gregor Böckermann von "Ordensleute für den Frieden": Gestern rief einer meiner Kollegen, der immer mit vor der Deutschen Bank steht, ganz aufgeregt an und fragte genau das:  "Müssen wir uns jetzt nicht neue Plakate machen?" Ich habe ihm geantwortet: "Wir stehen jetzt seit über 25 Jahren da, weil wir genau das kritisieren, was gerade wieder ans Licht gekommen ist. Im Grunde nichts Neues! Und deshalb brauchen wir keine neuen Transparente!"

domradio.de: Das heißt, das hat Sie gar nicht überrascht, was die "Panama Papers" da ans Licht befördert haben?

Böckermann: Nicht besonders, das muss ich ehrlich sagen. Warum sollte man über diese Enthüllungen besonders aufgeregt sein? Ich will nicht leugnen, dass die Enthüllungen eine enorme politische Sprengkraft haben. Aber solche politischen Sprengkräfte gibt es doch immer wieder, dass die Leute sich aufregen. 2007/2008 fragte man uns nach der Finanzkrise: "Habt ihr jetzt erreicht, was ihr wolltet – das Ende des Kapitalismus?" -  Oder wenn wir auf die Deutsche Bank schauen, die hat zurzeit 6.000 Strafprozesse am Hals. Da fragen die Leute wieder: "Habt ihr nicht erreicht, was ihr wollt?" Und jetzt sind eben die Panama-Papiere aufgetaucht… 

domradio.de: … die ja erst zum Teil wirklich erfasst sind. Noch arbeiten Hunderte internationale Journalisten weiter daran, das Material komplett auszuwerten. Würde es denn im Umkehrschluss etwas geben, das da noch herauskommen könnte, was Sie wirklich nicht erwartet hätten?

Böckermann: Also, wenn jetzt herauskommen würde, dass sich zum Beispiel die Terroristen von Brüssel oder Paris oder der so genannte Islamische Staat überhaupt  über solche Scheinfirmen finanzieren, dann würde ich sagen, dass das etwas Neues für mich ist. -  Ansonsten wissen wir aber schon lange, dass 5.800 Milliarden Euro in Steueroasen lagern, davon 4.700 Milliarden unversteuert. Es gibt nicht nur ein Steuerparadies in Panama. In den letzten Jahren haben wir viel mehr gehört von der Schweiz  und Liechtenstein, von Luxemburg oder Österreich. Heute erst habe ich im Zusammenhang mit den Panama Papieren in der "Frankfurter Rundschau"  gelesen, dass das größte Steuerparadies im kleinen US-Bundesstaat Delaware liegt, das scheint weltweit das beliebteste zu sein.                         

domradio.de: In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Nachrichten von Razzien gegen Steuersünder, von Abkommen mit als klassischen Steueroasen bekannten Ländern wie der Schweiz, Luxemburg oder Liechtenstein. Sehen Sie da auch Hoffnung, dass es doch in die richtige Richtung vorangeht?

Böckermann: Zum Beispiel sind ja in den letzten Jahren die Steuersünder-CDs aufgetaucht. Viele Deutsche haben inzwischen Steuern nachbezahlt und ich glaube, Herr Schäuble ist ganz froh darüber. Natürlich bin ich auch froh über solche Enthüllungen. Aber das reicht sicher nicht aus.

domradio.de: "Endlich Transparenz bei Geldgeschäften!" -  Das fordern aus gegebenem Anlass wieder viele. Die "Ordensleute für den Frieden" tun das schon seit über einem Vierteljahrhundert. Was sind denn Ihre wichtigsten konkreten Forderungen?

Böckermann: In dem Zusammenhang würden wir natürlich mit Sigmar Gabriel ein weltweites Verbot von Briefkastenfirmen fordern. Und seit Jahren fordern wir zusammen mit den Leuten vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac zum Beispiel eine Tobin-Steuer, eine kleine Spekulationssteuer auf Finanzspekulationen, auch wenn das nicht direkt etwas mit Steuerparadiesen zu tun. Auch das ist noch nicht gekommen, obwohl einige Staaten es immer wieder gefordert haben. Was könnte man mit so einer kleinen Spekulationssteuer nicht alles Gutes tun für die Armen hier in Deutschland oder auch weltweit! Aber wir stehen seit 25 Jahren da, um viel radikaler zu sagen: "Dieses kapitalistische Wirtschaftssystem muss in Frage gestellt werden! Solidarität vor Konkurrenz! Oder Leben in Fülle für alle statt Profit für wenige!" – Das sind unsere Forderungen!

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Quelle:
DR