Sant'Egidio-Gründer mit Humanismus-Preis geehrt

"Umfassende humane Vision"

Andrea Riccardi, Gründer der weltweit tätigen Gemeinschaft Sant'Egidio, ist am Mittwochabend in Berlin mit dem Humanismus-Preis 2016 des Deutschen Altphilologenverbandes ausgezeichnet worden. Die Laudatio hielt Kurienkardinal Walter Kasper.

Andrea Riccardi / © Andreas Gebert (dpa)
Andrea Riccardi / © Andreas Gebert ( dpa )

Der stellvertretende Verbandsvorsitzende Ulrich Schmitzer erklärte, gewürdigt werde mit der Preisverleihung die Verbindung einer geistiger Bildung mit einem aktiven Eintreten für das Gemeinwohl. Riccardi sei ein "christlich geprägter Intellektueller der Tat", der zugleich den Blick auf das Ganze richte.

Der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper würdigte in seiner Laudatio die Arbeit der 1968 in Rom gegründeten Gemeinschaft Sant'Egidio, die von einem christlichen Humanismus in zivilgesellschaftlicher Verantwortung geprägt sei. Riccardi und seine Freunde hätten nach der Kraft des Evangeliums in einer sich verändernden Welt gefragt und die vorrangige Zuwendung des Evangeliums zu den Armen erkannt. Daraus hätten sie eine "umfassende humane Vision" entwickelt und sich besonders für Kinder, Obdachlose und Flüchtlinge eingesetzt, betonte der Kardinal. Nach dem von Papst Johannes Paul II. 1986 in Assisi initiierten Friedensgebet habe die Gemeinschaft dessen Botschaft aufgegriffen, ein Netz von Freundschaften geknüpft und mit Gebetstreffen in wechselnden Ländern diesen Impuls weitergegeben, so der ehemalige Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen.

Riccardi: Der Unmenschlichkeit Raum entziehen

Riccardi sagte in seiner Dankesrede, die Gemeinschaft Sant'Egidio bemühe sich, einen "Raum der Humanität zu schaffen und zu vergrößern in einer globalen Welt, in der alles gekauft oder verkauft wird und in der der Markt und der Geldwert der Dinge und der Erfahrungen regieren". In einer solchen Welt sei die humanistische Bildung in der Krise, und der humanitäre Einsatz und das unentgeltliche Ehrenamt würden erschwert. "Sant'Egidio versucht, der Unmenschlichkeit Raum zu entziehen und Räume für die Unentgeltlichkeit zu erweitern", so der italienische Kirchenhistoriker und Autor.

Die Gemeinschaft Sant'Egidio hat nach eigenen Angaben heute mehr als 60.000 Mitglieder in 73 Ländern, davon 5.000 in Berlin und in anderen Städten Deutschlands. Die römische Zentrale sowie ihr Gründer Riccardi nutzen ihre internationalen Verbindungen auch immer wieder zu diplomatischen Vermittlungsinitiativen. So trugen sie 1992 mit dem sogenannten Friedensvertrag von Rom maßgeblich zur Beendigung des 15-jährigen Bürgerkriegs in Mosambik bei.

 


Quelle:
KNA