Bundeskanzlerin besucht katholisches Jugendprojekt in Marzahn

Wertschätzung für Benachteiligte

​Merkel geht in die "Manege". So heißt ein Sozialprojekt im Osten Berlins. Die Kanzlerin will sich in der kirchlich geführten Einrichtung selbst ein Bild machen, wie Jugendlichen mit wenig Perspektiven geholfen werden kann.

Autor/in:
Birgit Wilke
Sicht über Marzahn / © Paul Zinken (dpa)
Sicht über Marzahn / © Paul Zinken ( dpa )

Plattenbauten und trostlose Brachen: Heimelig ist die Gegend um die S-Bahnstation Raoul Wallenberg im Berliner Stadtteil Marzahn nicht gerade. Für viele Jugendliche bietet die Gegend auch keine großen beruflichen Perspektiven.

Grund genug für zwei katholische Orden - die Heiligenstädter Schulschwestern und die Salesianer Don Boscos -, dort junge Menschen ohne Schulabschluss und solche, die arbeitslos sind, zu unterstützen. Für Dienstag hat sich hoher Besuch angekündigt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) möchte sich die Einrichtung anschauen.

Letzter hoher Besuch vor drei Jahren

"Wir freuen uns natürlich sehr darüber", sagt Schwester Margaretha Kühn, die Geschäftsführerin der Einrichtung ist. "Und sind sehr aufgeregt." Es habe eine Anfrage aus dem Bundespresseamt gegeben, berichtet sie. Die Kanzlerin wolle sich das Projekt ansehen. Als Termin wurde schnell die Woche vor Ostern ins Auge gefasst.

Nicht das erste Mal empfängt die Einrichtung Gäste aus der Politik: Vor rund drei Jahren war die damalige Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) dort, sie kam zusammen mit der CDU-Bundestagsabgeordneten Monika Grütters, die jetzt Kulturstaatsbeauftragte ist. Der Bund fördert das Projekt auch.    

Von Wannsee nach Marzahn

Bereits vor elf Jahren zogen die Salesianer in den Berliner Osten und wagten dort einen Neuanfang. Denn präsent ist die von dem Italiener Johannes Don Bosco (1815-1888) gegründete Gemeinschaft in der Stadt schon viel länger, seit mehr als 80 Jahren. Ihr Jugendheim in Wannsee, in dem auch der Rapper Bushido als Jugendlicher für eine Zeit lebte, mussten sie wegen rückläufiger öffentlicher Zuschüsse aufgegeben.

Der damalige Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) und Provinzialvikar der Salesianer, Pater Franz-Ulrich Otto, mietete noch im selben Jahr ein Ladenlokal am anderen Ende der Stadt und richtete dort eine Beratungsstelle für benachteiligte Jugendliche ein.

Handwerk unter Zirkusnamen

Ein Jahr später erwarben die Salesianer das Nachbargebäude, in dem zuvor das Hochbauamt Marzahn untergebracht war. Zusammen mit den Heiligenstädter Schulschwestern und dem sozialpädagogischen Berliner Kinder- und Jugendzirkus "Cabuwazi»" starteten sie ein Projekt unter dem Titel "Manege", bei dem Jugendliche handwerkliche Grundkenntnisse erwerben können.

Bei der Namensgebung ließen sie sich vom benachbarten Zirkuszelt inspirieren. In den ersten Jahren konnten sich die Teilnehmer nach den Kursen auch als Artisten versuchen. 

Unsicherheit schwindet schnell

Lachend erzählt Schwester Margaretha Kühn, dass zunächst fast alle jungen Frauen und Männer erschrocken reagierten, wenn das Jobcenter sie in die "Manege" und zu den Ordensleuten schickt. Für die meisten sei das der erste Kontakt zur Kirche und entsprechend verunsichert reagierten viele. Doch in der Regel schwindet diese Unsicherheit rasch. "Das Ordenskleid tritt dann in den Hintergrund", so die Schwester.

Derzeit sind rund 300 junge Menschen in der "Manege" beschäftigt, die meisten sind zwischen 16 und 25 Jahre alt. Viele müssen erst einmal zu einem strukturierten Tagesablauf zurückfinden. In den Maler-, Metall- und Holzwerkstätten und im Küchenbereich können sie handwerkliches Know-how erwerben. Außerdem vermittelt das Zentrum ein Betriebspraktikum und bietet Förderunterricht vor allem in Mathematik und Deutsch. Etliche schafften es im Anschluss, einen Ausbildungsplatz zu bekommen.

Jugendliche sollen selbst zu Wort kommen

Bei vielen, die kämen, hätten sich die Probleme etwa mit Drogen regelrecht aufgetürmt, erzählt die Ordensfrau. Auch der Polizei seien oft Jugendliche bekannt. Die Mitarbeiter von «Manege» helfen ihnen, ihren Alltag auch nach den einjährigen Kursen wieder in den Griff zu bekommen. In der Regel reißt der Kontakt auch danach nicht ab.

Schwester Margaretha ist es wichtig, dass es die Jugendlichen sind, die am Dienstag zu Wort kommen. Selber von ihren Problemen, aber auch von ihren Wünschen und von ihrer Arbeit in der "Manege" erzählen, "das können unsere Jugendlichen gut". Den Besuch der Kanzlerin empfänden sie als große Wertschätzung.


Quelle:
KNA