Rigide Christen anfällig für AfD

"Nicht gefeit"

Manche konservative Katholiken und Evangelikale fühlen sich zur AfD hingezogen. Besonders Menschen mit einer rigiden Einstellung seien anfällig für Rechtsextremismus, sagt Sonja Angelika Strube, Theologin an der Universität Osnabrück. 

AfD-Demonstranten vor dem Erfurter Dom / © Martin Schutt (dpa)
AfD-Demonstranten vor dem Erfurter Dom / © Martin Schutt ( dpa )

domradio.de: Wie würden Sie das christliche Spektrum beschreiben, das sich der AfD zugehörig fühlt?

Theologin Sonja Angelika Strube: Ich kann das nur von außen beobachten: Zum einen, dass es bei der AfD eine Gruppierung gibt, die sich "Christen in der AfD" nennt. Zum anderen kann ich beobachten, dass es Internetseiten gibt, die sich christlich verstehen und die doch bei ihrer Berichterstattung eine recht hohe Affinität zur AfD aufweisen. 

Bei dem Spektrum muss man unterscheiden: Zum einen kann es sein, dass man in rechten Gruppierungen gerne auf Christen zugeht – um sich selber als mittig darzustellen. Das könnte in der AfD auch passieren. Zum anderen gibt es Menschen, die sich in erster Linie als christlich verstehen und mit der AfD stark sympathisieren. Das sind zwei verschiedene Bewegungsrichtungen.

domradio.de: Das heißt, die einen lassen sich im Prinzip instrumentalisieren und die anderen laufen im vollen Bewusstsein mit?

Strube: Jein. Es gibt im politisch rechten Spektrum Strategien  - und die gehen teilweise bis hin zur NPD-Themen aufzugreifen, die bei christlich orientierten Menschen interessant sind. Damit sollen Menschen in der Mitte der Gesellschaft gewonnen werden.

Das ist eine Strategie, die in ganz verschiedenen Gruppen zu beobachten ist. Aber es gibt natürlich auch Menschen, die sich selber als Christen verstehen und mit der AfD sympathisieren oder sich da sogar engagieren.

domradio.de: Welche Themen sind das denn? Zum Beispiel das Thema Abtreibung?

Strube: Das wäre so ein Thema. Um vielleicht mal ein Beispiel zu nennen: Auf dem Katholikentag 2008 hat die NPD in einer Fünfmann-Aktion auf einer Großveranstaltung plötzlich ein Transparent entfaltet, auf dem sie sogar den katholischen Bischöfen vorwarf, sie würden sich nicht genug gegen Abtreibung einsetzen und allein die NPD täte das.

Dazu existiert acuh immer noch ein Video im Netz. Da versucht die NPD also ein Thema aufzugreifen, was in der katholischen Kirche eine hohe Relevanz hat und sich selber als die noch besseren Lebensschützer darzustellen.

Wenn man das Video zu Ende sieht, stellt man fest, es geht vor allen Dingen darum: Man möchte gegen den "Volkstod" vorgehen. Das heißt, man suggeriert, dass das deutsche Volk ausstirbt  und um dagegen vorzugehen, muss sich dagegen einsetzen, dass deutsche Kinder nicht abgetrieben werden. Das ist also im Kern etwas ganz anderes.

domradio.de: Welche Gefahr ergibt sich denn daraus?

Strube: Das ist schwer einzuschätzen, weil es dazu keine Statistiken gibt. Aber aufgrund der gängigen Forschungsergebnisse würde ich davon ausgehen, dass im christlichen Spektrum Menschen nicht stärker gefeit sind gegen rechtsextreme Einstellungen als das restliche Spektrum der Gesellschaft.

Wenn ich jetzt auf Gruppen schaue, die eine sehr rigide religiöse Einstellung haben, würde ich sagen, dass in diesen Gruppen die Anfälligkeit deutlich größer ist.


Quelle:
DR