Theologe: Keine unbegrenzte Zuwanderung aus Nächstenliebe

Staat ist Gemeinwohl verpflichtet

Gegen unbegrenzte Einwanderung: Aus dem Gebot der Nächstenliebe lässt sich keine Handlungsanweisung für die Migrationspolitik ableiten. Das sagt der der evangelische Sozialethiker Ulrich Körtner. 

Flüchtlinge an der Drehscheibe am Kölner Flughafen / © Federico Gambarini (dpa)
Flüchtlinge an der Drehscheibe am Kölner Flughafen / © Federico Gambarini ( dpa )

In der Flüchtlingsfrage rät der evangelische Sozialethiker Ulrich Körtner den Kirchen, nicht nur gesinnungsethisch zu argumentieren. Aus dem biblischen Gebot der Nächstenliebe ließen sich keine erschöpfenden Handlungsanleitungen für eine langfristige Migrationspolitik ableiten, schreibt der deutsch-österreichische Theologieprofessor in einem Beitrag für die evangelische Monatszeitschrift "zeitzeichen".

"Der Staat ist kein Individuum wie der Samariter im Gleichnis Jesu", erklärte der aus dem westfälischen Enger stammende Körtner, der an der Kirchlichen Hochschule Bethel in Bielefeld promovierte und habilitierte und heute in Wien lehrt. Auch könne der Staat "nicht nur das Einzelschicksal in den Blick nehmen, sondern ist dem Gemeinwohl, dem Wohl aller, verpflichtet". Eine Forderung nach unbegrenzter Zuwanderung lasse sich durch das Gleichnis nicht rechtfertigen.

Kirche und Staat unterschiedliche Aufgaben 

In kirchlichen Stellungnahmen zur Flüchtlingssituation werde diesen Fragen ausgewichen, bemängelte der Professor für Systematische Theologie. Die beiden großen Kirchen in Deutschland hätten die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von Anfang an nachdrücklich unterstützt und dabei sogar den in Kauf genommenen Bruch von EU-Recht gutgeheißen. Körtner hält dies für rechtspolitisch und theologisch bedenklich.

Er wirbt dafür, dass die evangelische Kirche stärker die reformatorische Lehre beachtet, die Kirche und Staat unterschiedliche Aufgaben zuweise. Zur staatlichen Aufgabe gehöre es auch, die Grenzen zu sichern und Zuwanderung zu steuern. Gerade ein für Zuwanderung offener Staat brauche die Kontrolle über das Staatsgebiet und die Zusammensetzung der Bevölkerung.

Frage nach Obergrenze stellen 

Wann bei der Flüchtlingsaufnahme die "Grenze des Leistbaren" erreicht sei, werde von Land zu Land unterschiedlich beurteilt, schrieb Körtner, der an der Universität Wien lehrt. "Aber aus verantwortungsethischer Sicht werden wir um diese Frage nicht herumkommen."


Quelle:
epd