Wohlfahrtsverband kritisiert Gesetzentwurf zur Pflegeausbildung

"Das Herzstück fehlt"

Im Rahmen der Pflegereform sollen Ausbildungen in der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege zusammengeführt werden - die Regierung hat das Gesetz jetzt auf den Weg gebracht. In der Branche ist das Vorhaben umstritten.

Pflegerin misst Blutdruck / © Jens Wolf (dpa)
Pflegerin misst Blutdruck / © Jens Wolf ( dpa )

domradio.de: Was genau haben sie zu bemängeln?

Thorsten Mittag (Referent für Altenhilfe und Pflege beim Paritätischen Wohlfahrtsverband): Insgesamt ist es ja richtig, dass man alles tut, um dem künftigen Bedarf von Pflegefachkräften für eine älter werdende Gesellschaft gerecht zu werden. Es ist auch richtig, zu überlegen, welche Mittel dafür geeignet sind, um die Attraktivität des Pflegeberufs, die Qualität der Ausbildung und das Anforderungsprofil dieses Berufes weiter zu entwickeln. Aber das muss natürlich handwerklich alles zusammenpassen und stimmig sein. Wir stellen bei diesem Gesetzentwurf fest, dass doch bei weiten Teilen das Herzstück dieser Reform, wie denn konkret die Zusammenlegung von drei Berufen auf dem Stundenplan aussehen soll, fehlt. Das ist nach wie vor nicht transparent.

domradio.de: Was würden Sie sich also wünschen? Wo ist der Gesetzentwurf in Ihren Augen also noch zu ungenau?

Thorsten Mittag: Die Berufe haben alle für sich genommen noch Spezifizierungen, die sie auszeichnen. Wir müssen uns auch immer vergegenwärtigen, dass der Beruf der Altenpfleger ein Beruf ist, den es in anderen Ländern in der Form so gar nicht gibt. Das ist etwas, auf das wir stolz sein können und worauf wir verweisen können. Nämlich, dass wir eine Berufsprägung haben, die insbesondere im Umgang mit älteren und pflegebedürftigen Menschen Besonderheiten aufweist. Wenn man jetzt drei Berufe in der gleichen Ausbildungsdauer von drei Jahren zusammenfügt, dann liegt es auf der Hand, dass man bei den Spezifizierungen der Berufe wohl Abstriche machen wird. Es gibt gerade in dem Bereich der Altenpflege große Unterschiede zwischen den Bereichen Krankenhaus und häuslicher Altenpflege. Ich befürchte, dass hier die Besonderheiten der Altenpflege hinten runterfallen. Deswegen spreche ich explizit von einem Stundenplan. Am deutlichsten würde es dann werden, wenn wir ein Konzept für die Aufteilung der besonderen Inhalte dieser Ausbildung auch tatsächlich auf dem Tisch hätten. Der Regierungsentwurf sieht vor, dass das eigentlich erst nach dem Beschluss des Gesetzes in Form einer Verordnung geschieht. Das ist aus unserer Sicht deutlich zu spät.

domradio.de: Ist denn zumindest die Zielrichtung erreicht? Der Pflegeberuf soll ja attraktiver werden, um überhaupt an genügend Personal zu kommen, das den Bedarf decken kann. Geht die Koalition damit denn generell in die richtige Richtung?

Thorsten Mittag: Das ist wahrscheinlich der Knackpunkt: Die Befürwortung oder die grundsätzliche Ablehnung des Gesetzentwurfs. Im Grunde steht man doch an der Stelle zwischen den Stühlen. Wir können nicht mit gutem Gewissen einem Entwurf zustimmen, in dem das Herzstück fehlt. Das wäre ein Handeln ins Blaue hinein. Wir wollen aber nichts ins Blaue hinein machen, sondern wir wollen genau wissen, wie es läuft. Wir hören aus dem Bereich der Pflegeeinrichtungen, die nun überwiegend Fachkräfte in der Altenpflege beschäftigen, Befürchtungen, dass die Altenpflege im Rahmen der Zusammenfügung benachteiligt wird. Insofern können wir erst abschließend sagen, ob das auch der richtige Weg ist, wenn wir auch alle Bestandteile dafür auf dem Tisch haben.

Das Interview führte Daniel Hauser.


Quelle:
DR