Beginn der Welthandelsrunde in Nairobi

Fällt die Tür zu?

Vor 14 Jahren ist die Welthandelsrunde gestartet. Arme Länder sollen stärker an der Weltwirtschaft beteiligt werden. Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung warnt vor einem Scheitern.

Autor/in:
Jan Dirk Herbermann
Anti-WTO-Protest in Manila (dpa)
Anti-WTO-Protest in Manila / ( dpa )

Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung Deutschlands (KAB) hat hohe Erwartungen an die Ministertagung der Welthandelsorganisation. "Es muss endlich Schluss sein mit Freihandelsabkommen, die den wirtschaftlich starken Industrienationen die Märkte in Afrika öffnen und mit staatlich subventionierten Agrarerzeugnissen die Binnenmärkte in Afrika zerstören", forderte Bundespräses Johannes Stein am Dienstag in Köln. Die Verhandlungen dürften "nicht erneut scheitern".

WTO-Direktor: Es geht um sehr viel in Nairobi

Roberto Azevedo ist selten aus der Fassung zu bringen. Redet der Brasilianer über Zölle, Subventionen, Exporte und Importe, wirkt er ruhig und besonnen. Doch in diesen Tagen macht der Generaldirektor der Welthandelsorganisation (WTO) einen angespannten Eindruck. Besonders wenn Azevedo über das Ministertreffen der WTO in Nairobi vom 15. bis 18. Dezember spricht, ist dem sonst so coolen Diplomaten die Nervosität anzumerken.

"Es geht um sehr viel in Nairobi", sagt Azevedo. Alle 162 Mitglieder der WTO müssten sich über die Bedeutung des zehnten Ministertreffens bewusst sein. Genauer gesagt soll in der Hauptstadt Kenias über die Zukunft des größten Projekts der Organisation entschieden werden: Wie geht es weiter mit der 14 Jahre alten Welthandelsrunde? "Es gibt keine Übereinstimmung unter den WTO-Mitgliedern, was zu tun ist", muss Azevedo zugeben.

Zwei Lager in der Welthandelsorganisation

Innerhalb der WTO ringen zwei Lager miteinander. Viele reiche Mitglieder, darunter die USA und die EU, drängen, die bislang ergebnislos verlaufenen Gespräche zur Öffnung der Weltmärkte ad acta zu legen. Die armen Länder unter der Führung Indiens hingegen wollen die sogenannte Entwicklungsrunde unbedingt weiterführen. Indiens Premierminister Narendra Modi sagt klipp und klar: Die Runde "ist nicht geschlossen". Modi und die afrikanischen Mitglieder der WTO pochen auf einen erfolgreichen Abschluss des 2001 gestarteten Zyklus.

Als die Runde in Doha, Katar, angestoßen wurde, versprachen die reichen Mitglieder den armen viele Konzessionen, wie den Abbau von Einfuhr-Zöllen und das Kappen von Subventionen. Ein zu erzielender Welthandelsvertrag solle die Entwicklungsländer stärker in die internationale Wirtschaft einbinden, hieß es. Die Früchte der Globalisierung sollten gerechter verteilt werden. Alle sollten vom wachsenden Wohlstand durch Liberalisierung profitieren. In der Hochstimmung gab die WTO vor, die "Doha-Runde" 2004 zu beenden.

Doch seit Jahren kommen die Verhandlungen nicht voran. Zu unterschiedlich sind die Interessen, zu hart vertreten die Mitglieder ihre Positionen. So weigern sich die reichen Länder bis heute die Einfuhrhindernisse für viele landwirtschaftliche Produkte zu schleifen - und genau das ist ein Kernanliegen vieler Entwicklungsländer, die mit dem Export von Agrargütern wie Baumwolle und Gemüse Einnahmen erzielen.

Daneben schachern die Handelsdiplomaten auch um die Öffnung der Märkte für Industriegüter: Es geht um den Abbau von Importschranken für Autos, Chemikalien, Möbel oder Staubsauger. Zudem sollen die Märkte für Dienstleistungen geöffnet werden. Das würde etwa Transportfirmen nützen. Im Laufe der Jahre zeigte sich jedoch, dass sich die WTO-Mitglieder übernommen haben. "Wir haben zu viele einzelne Punkte, über die wir verhandeln, die ganze Materie ist zu komplex", erklärte der frühere WTO-Generaldirektor Pascal Lamy.

Neue Mitglieder verfolgen eigene Ziele

Hinzu kommt: Sei Beginn der Doha-Runde nahmen mehr als 30 neue Mitglieder am Verhandlungstisch Platz, darunter das Schwergewicht China. Die neuen Mitglieder verfolgen ihre eigenen Ziele und machen das Ringen noch unübersichtlicher. "Wir müssen in der WTO flexibler verhandeln", fordert deshalb die EU-Handelsbeauftragte Cecilia Malmström. Und sie sagt: "Wir müssen beginnen, über Doha hinaus zu gehen". Mit anderen Worten: Die WTO-Mitglieder sollten anstatt weiter Zeit und Energie am Doha-Tisch zu vergeuden, das Projekt lieber vergessen.

Schon jetzt konzentrieren sich die großen Blöcke wie die EU und die USA auf bilaterale und regionale Handels-Abkommen. So vereinbarten die Amerikaner mit elf anderen Staaten die Trans-Pazifik-Partnerschaft, mit der EU wollen die USA das umstrittenen Abkommen TTIP unter Dach und Fach bringen. Doch die meisten regionalen und bilateralen Deals schließen die Reichen ohne die ärmsten Länder ab. Auch deshalb wollen die Armen die Welthandelsrunde retten. Denn zumindest hier sitzen sie gleichberechtigt mit am Tisch.

Katholische Arbeitnehmer: Verhandlungen dürfen nicht erneut scheitern

Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung Deutschlands (KAB) hat hohe Erwartungen an die Ministertagung der Welthandelsorganisation. "Es muss endlich Schluss sein mit Freihandelsabkommen, die den wirtschaftlich starken Industrienationen die Märkte in Afrika öffnen und mit staatlich subventionierten Agrarerzeugnissen die Binnenmärkte in Afrika zerstören", forderte Bundespräses Johannes Stein am Dienstag in Köln. Die Verhandlungen dürften "nicht erneut scheitern".


Quelle:
epd , KNA