Kampf um Ressourcen bedroht Ureinwohner

Bausteine des Ökosystems

Viele Länder in Asien und Lateinamerika sind reich an Rohstoffen - und beuten sie gnadenlos aus. Häufig gehen Abholzung und Umsiedlung auf Kosten der Ureinwohner, die immer entschiedener für Naturschutz eintreten. Das wird brutal bekämpft.

Autor/in:
Johannes Süßmann
Mapuche Frau in der Region Bio-Bio in Chile am 26.11.09 (epd)
Mapuche Frau in der Region Bio-Bio in Chile am 26.11.09 / ( epd )

Der Hunger nach Rohstoffen und Energie bedroht die letzten Naturräume der Erde - und damit auch häufig den Lebensbereich von Ureinwohnern. Viele von ihnen protestieren und engagieren sich gegen Umweltzerstörung und Klimawandel. Doch die Regierungen, vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern, reagieren mit harter Hand. Die Folge: In Asien und Lateinamerika werden zunehmend Umweltschützer aus der indigenen Bevölkerung ins Gefängnis gesperrt oder ermordet.

Laut einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Global Witness vom April wurden 2014 weltweit mindestens 116 Umweltaktivisten getötet, 40 Prozent von ihnen waren Ureinwohner. Besonders rigoros ist die Verfolgung demnach in Brasilien, Kolumbien, Indien und auf den Philippinen. Die Dunkelziffer der Morde liegt vermutlich noch weit höher.

Verdrängungskampf tritt Indigene

Nach Recherchen der Gesellschaft für bedrohte Völker sind in vielen Fällen die Regierungen der Länder für Morde und Festnahmen verantwortlich. "Naturschützer indigener Volksgruppen werden massiv bedroht, eingeschüchtert und teilweise regelrecht exekutiert", sagt Ulrich Delius von der Göttinger Menschenrechtsorganisation. Die Täter - Polizisten, Militärs, Auftragskiller - kämen meist straffrei davon.

Delius berichtet von dem philippinischen Naturschützer Fausto Orasan, der auf dem Weg zu einer Kundgebung erschossen wurde. Von Jimmy Liguyon und Fausto Bacliran, die nacheinander Bürgermeister der philippinischen Stadt Dao waren. Beide sprachen sich gegen den Bau weiterer Minen in ihrer Region aus - beide wurden ermordet. Von der indischen Gewerkschafterin Roma Mallik, die kurz vor dem Start einer Kampagne gegen einen neuen Staudamm festgenommen wurde. Das war Ende Juni. Seitdem sitzt sie im Gefängnis.

Das harte Vorgehen gegen Aktivisten aus der Urbevölkerung ist Symptom eines Verdrängungskampfes, der "immer stärker auf eine Eskalation hinausläuft", erklärt Delius. Denn zunehmend widersprechen sich die Interessen indigener Gruppen mit denen von Regierungen und Konzernen. Das betrifft große Bauprojekte genauso wie die Jagd nach Rohstoffen und die Abholzung der Wälder.

Die Bausteine des globalen Ökosystems

In Brasilien oder im Nordosten Indiens fallen dem Bau von Megastaudämmen riesige Flächen Land zum Opfer. "Dörfer werden zerstört, Zehntausende Ureinwohner gegen ihren Willen umgesiedelt", sagt Delius. In Kupfer- oder Goldminen kommen häufig Chemikalien zum Einsatz, die Böden und Flüsse verseuchen. Dadurch wird nicht nur Trinkwasser ungenießbar, sondern auch Fisch - eine Lebensgrundlage vieler Ureinwohner.

Oft setzen sich Aktivisten aus der Urbevölkerung nicht nur für ihre direkte Umgebung ein. Viele engagieren sich seit Jahren im Natur- und Klimaschutz. Delius sagt, sie hätten schlichtweg verstanden, dass es nicht ausreiche, sich lediglich um ihr eigenes Umfeld zu kümmern. Sondern dass Umweltverschmutzung und Waldzerstörung globale Probleme sind.

Aus Sicht der Ureinwohner sei klar, dass nicht jeder Rohstoff bis zum Letzten ausgebeutet werden kann, sagt Delius. Dass Urwälder wichtige Bausteine des globalen Ökosystems seien und unbedingt erhalten werden müssten: "Sie wissen ganz genau, was sie tun dürfen und was nicht, um den Ast nicht abzusägen, auf dem sie selbst sitzen." Regierungen und Konzernen ginge dieses Verständnis dagegen oft ab.


Quelle:
epd