Sterbehilfe: Streit um Rolle des Arztes

"Friedliches Entschlafen"

In der Debatte um Sterbehilfe plädiert der CDU-Politiker Peter Hintze dafür, dass Ärzte Sterbenskranken beim Suizid helfen dürfen. Eine entsprechende ausdrückliche Erlaubnis solle im Bürgerlichen Gesetzbuch festgeschrieben werden.

Bischöfe sind gegen Sterbehilfe / © Jörg Loeffke (KNA)
Bischöfe sind gegen Sterbehilfe / © Jörg Loeffke ( KNA )

Das sagte der Bundestagsvizepräsident am Mittwoch im ARD-Morgenmagazin. Bislang ist Beihilfe zum Suizid den Medizinern im ärztlichen Standesrecht untersagt, obwohl es kein strafrechtliches Verbot gibt. Demgegenüber warnte der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, in der ARD vor dem "tötenden Arzt".

Nach einem am Mittwoch in Berlin vorgestellten Gesetzentwurf einer Gruppe von Abgeordneten aus Union und SPD um Peter Hintze (CDU) und Karl Lauterbach (SPD) soll dazu im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert werden, dass "ein volljähriger und einwilligungsfähiger Patient, dessen unheilbare Erkrankung unumkehrbar zum Tod führt", die Hilfesteellung eines Arztes bei der Selbsttötung in Anspruch nehmen kann. "Wir wollen eine zivilrechtliche Regelung, die das Arzt-Patientenverhältnis schützt und sicherstellt, dass ein todkranker Mensch, der schwere Qualen leidet und dem die Palliativ-Medizin nicht helfen kann, dass der seinen Arzt bitten darf, ihm beim friedlichen Entschlafen zu helfen", sagte der CDU-Politiker in der ARD. "Strafrechtlich ist das heute zulässig, aber das Arzt-Recht, das Standesrecht, ist da sehr unterschiedlich", sagte Hintze. So sei die Hilfe des Arztes beispielsweise in Bayern erlaubt, in Berlin aber nicht.

Der Gesetzentwurf sieht bestimmte Voraussetzungen für die ärztliche Beihilfe vor. So muss der Patient dies "ernsthaft und endgültig" wünschen; der Arzt muss ihn über andere Behandlungsmöglichkeiten informieren und die Unumkehrbarkeit der Erkrankung sowie die Wahrscheinlichkeit des Todes feststellen. Schließlich muss ein zweiter Arzt den Todeswunsch und die Einwilligungsfähigkeit des Patienten bestätigen. Der Arzt soll nicht zur Suizidbeihilfe gezwungen werden. Der Patient muss selbst über Zeitpunkt und Art der Lebensbeendigung entscheiden. Beim Vollzug soll der Arzt den Patienten begleiten können.

Selbstbestimmung als Kern der Menschenwürde

"Wir wollen den Arzt vor standesrechtlichen Sanktionen schützen, wenn er dem Patientenwunsch folgt, ihm beim friedlichen Entschlafen zu helfen", erläuterte Hintze. "Kern der Menschenwürde ist die Selbstbestimmung. Und wer voll einwilligungsfähig ist, wer volljährig ist, wer das mit seinem Arzt bespricht und ein zweiter Arzt auch dazukommt, der muss das Recht haben zu sagen: Ich habe die Bitte, dass Du mir beim friedlichen Entschlafen hilfst."

Montgomery erklärte demgegenüber, es sei Aufgabe des Arztes, zu lindern oder zu helfen, "aber nie zu töten". Ein guter Arzt werde niemals mit einem Tablettenbecher neben dem Patienten sitzen und zusehen, wie er sterbe. Der Ärztepräsident wies in diesem Zusammenhang auf die vielfältigen Möglichkeiten der Schmerzbekämpfung in der Palliativ-Medizin hin. "Wenn wir die ärztliche Sterbehilfe als einen normalen Tatbestand unseres täglichen Umgangs machen würden, würde das zu einem gesellschaftlichen Anspruch, wie wir das in Holland, in Belgien und in vielen anderen Ländern erleben. Und dann würden Menschen auch aus sozialem Druck gedrängt werden, den schnellen Exit statt das würdevolle Ende eines Lebens in Palliativ- und Hospizbegleitung zu wählen."

Der Bundestag will Anfang Juli in Erster Lesung über die Suizidbeihilfe debattieren. Anfang November soll ein Gesetz verabschiedet werden; die Abgeordneten können nach ihrem Gewissen entscheiden. Mit dem Hintze-Entwurf liegen mittlerweile vier unterschiedliche Gesetzentwürfe vor. Sie reichen vom Totalverbot der Suizidbeihilfe bis zur weitgehenden Zulassung. Alle vier Entwürfe wollen zumindest die kommerzielle Suizidbeihilfe verbieten.


Quelle:
KNA