Kölner Flüchtlingsinitiative unterstützt Migranten

"Willkommen in Brück"

"Willkommen in Brück". Das ist eine Flüchtlingsinitiative von Bürgern und den Kirchen im Kölner Stadtteil Brück. Organisatoren und Unterstützer begleiten die Flüchtlinge zum Arzt oder zum Amt, lernen mit ihnen Deutsch und spielen mit ihnen Fußball. 

Autor/in:
Tobias Fricke
Pensionär Hans Werheit gibt Deutschunterricht / © Tobias Fricke (DR)
Pensionär Hans Werheit gibt Deutschunterricht / © Tobias Fricke ( DR )

"Sie sind alle zu Freunden geworden", sagt der 29-jährige Syrer Valid. "Es sind echte Freunde geworden". Damit meint er die Organisatoren und Unterstützer der Initiative von "Willkommen in Brück". In Syrien war Valid LKW-Fahrer, auf sein Fahrzeug ist geschossen worden, eine Kugel landete in seinem Bein. Und weil er aber weiter leben wollte, musste er fliehen. Jetzt ist er mit über 90 anderen Männern in einem ehemaligen Hotel untergebracht. Und jeden Sonntagnachmittag gibt es im früheren Hotel-Restaurant ein großes Treffen zwischen den Flüchtlingen und den Bürgern.

Anfängliche Vorbehalte gegenüber der Flüchtlingsunterkunft

"Es sind einfach Menschen, die hierher kommen", erklärt Johanna Claßen vom Organisations-Team. Die katholische Theologin hält es für wichtig, dass "wir von dem vielen, was wir haben, einfach was hergeben können". Dabei spiele es gar keine Rolle, ob es eine Sachspende, Geldspende oder einfach Zeit sei, die man aufbringe. Die Flüchtlingsunterkunft liegt am Rande eines schicken Neubauviertels. Teure Autos parken vor den fast villenartigen Einfamilienhäusern. Michael Höller wohnt nur wenige hundert Meter vom ehemaligen Hotel entfernt und war am Anfang wenig begeistert von den neuen Nachbarn. Er hatte Angst vor dem "ganzen Haufen alleinstehender Männer", die kriminell werden könnten, wenn sie den Reichtum in ihrer Umgebung sähen. Aber es zeigt sich, seine Vorbehalte sind grundlos. Die Flüchtlinge fallen lediglich durch ihre Hautfarbe auf, erklärt er. Ansonsten sei alles ruhig. Auch das ist vermutlich ein Verdienst der Bürgerinitiative, die die Flüchtlinge mit Sach- und Geldspenden versorgt. 

Unbürokratische Hilfe von Privatpersonen

Es ist halb 3 am Sonntagnachmittag. So langsam füllt sich das ehemalige Hotelrestaurant. Kaffee und Kuchen aus privaten Küchen stehen auf dem Tresen der Bar. An einem Tisch beugen sich Deutsche und Flüchtlinge über Formulare, an einem anderen Tisch wird Schach gespielt. Syrer Valid hat gerade Michael wiedergetroffen. Dem deutschen Fassadenreiniger hat er viel zu verdanken. Denn Valid wird bald Vater, will seine Familie nach Köln holen. Michael konnte ihm ohne viel Bürokratie ein Appartement besorgen: "Er soll Frau und Baby ja schon vernünftig rüberholen!"

Senioren geben Sprachunterricht

Ortswechsel: Das Seniorenwohnheim St. Vinzenz in Köln-Brück. Die Einrichtung ist ein Bestandteil der Katholischen Kirchengemeinde, hier findet einmal die Woche Deutschunterricht für die Flüchtlinge statt. Die Männer lernen beim pensionierten Deutschlehrer Hans Werheit alltägliche Dinge, etwa Begrüßung, Fragen nach dem Weg, die Zahlen und Uhrzeiten. Unter den Schülern ist auch der syrische Gehirnchirurg Ayman.

"Sie können es sich nicht vorstellen", sagt er, "der Tod war unser täglicher Begleiter. Du hast morgens deinen Kaffee getrunken und plötzlich wirst du bombardiert, das ist die Situation in Syrien". Ayman würde gerne wieder als Arzt arbeiten, aber ihm fehlt noch die Aufenthaltsgenehmigung, ohne die kann er nicht mal ein Praktikum machen und bekommt auch keinen offiziellen Deutschunterricht. So ist er im Moment noch auf das freiwillige Engagement von Hans Werheit angewiesen. Ohne Deutsch, sagt der pensionierte Lehrer, könne die Integration von Flüchtlingen nicht funktionieren. Seine Motivation, kostenlos zu unterrichten, ist für ihn ein Ausbrechen aus einem Hamsterrad, in dem Senioren wie er häufig leben. Seine Devise lautet: "Sinnvolles tun statt nur Wellness oder monatelange Aufenthalte am Mittelmeer oder Golfspielen. 

Der wöchentliche Unterricht ersetzt zwar keinen Intensivkurs, den Flüchtlinge mit Aufenthaltsrecht bekommen, es ist aber ein Anfang, in Deutschland zurechtzukommen. Das findet bei Gehirnchirurg Ayman große Anerkennung. "Wir geben uns große Mühe, sie arbeiten ja auch hart mit uns, wir wissen gar nicht, wie wir ihnen danken sollen", erklärt er. Und dann fällt dem Moslem ein, was in Syrien undenkbar wäre: "Das ist hier so komisch: Wir kommen in eine kirchliche Einrichtung um Deutsch zu lernen, das ist wirklich Klasse."

Sportverein unterstützt Migranten

Zurück zum Asylwohnheim in Köln-Brück. In dem umfunktionierten Hotel leben die über 90 Männer zu dritt oder viert in den einstigen Doppelzimmern. Direkt daneben liegt der Sportplatz des SC Brück 07. Der Verein hat sich von Anfang für die Flüchtlinge geöffnet. Die Altherren-Mannschaft spielt jeden Mittwochabend zusammen mit den Männern aus den unterschiedlichsten Nationen. Einige Zuschauer verfolgen das bunte Treiben auf dem staubigen Ascheplatz und philosophieren über die Qualitäten der neuen Spieler, auch Dam haben sie ins Visier genommen. Der Ghanaer hat zuletzt in Libyen gelebt. Köln-Brück bedeutet für ihn zum einen in Sicherheit leben zu können und auch endlich wieder Fußball spielen zu dürfen.

Fußball als "Türöffner" zwischen den Nationen

"Alle sind so gut zu uns", erzählt der 24-Jährige, "sie tun alles, damit wir uns hier wohlfühlen, dafür sind wir sehr dankbar." Am liebsten würde er jeden Tag hier auf dem Platz stehen. Fußball sei sein Leben, sagt er. Und auf dem Feld ist Dam schnell in Kontakt mit den Deutschen. Kein Wunder, denn "Sport ist ein ganz, ganz großer Türöffner für den Bereich der Integration", erklärt Mario Ascani aus dem Vorstand des Vereins. Nach kurzer anfänglicher Skepsis ist der Versicherungskaufmann nun umso engagierter und vertraut auf die Wirkung des Fußballs. "Man sieht hier, es sind bis zu 18 Nationalitäten unterwegs mit neun oder zehn verschiedenen Sprachen. Und trotzdem funktioniert das!"


Quelle:
DR