Reformen zum Familienpflegegesetz

Mehr Zeit für Pflege

Kurz vor knapp gab es doch noch eine wesentliche Änderung: Von der geplanten Familienpflegezeit, die es ab Januar geben soll, werden weniger Arbeitnehmer profitieren als bisher vorgesehen. Das stößt auf Kritik von katholischen Verbänden.

Pflege: Thema wird immer wichtiger  (dpa)
Pflege: Thema wird immer wichtiger / ( dpa )

Am Donnerstag beschloss der Bundestag die Neuregelungen zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Pflege. Die Koalition verständigte sich darauf, dass die Firmen, die ihren Angestellten die bis zu zweijährige teilweise Auszeit zusichern müssen, mindestens 25 Mitarbeiter haben sollen. In dem ursprünglichen Gesetzentwurf von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) war von 15 Mitarbeitern die Rede.

Trotz des Wermutstropfen werden Arbeitnehmer durch die Reform ab dem kommenden Jahr insgesamt stärker dabei unterstützt, ihre kranken Angehörigen zu pflegen. Nach Angaben der Bundesregierung werden in Deutschland derzeit 1,85 Millionen Menschen zu Hause gepflegt - zwei Drittel davon ausschließlich durch Angehörige.

Zehntägige bezahlte Auszeit

So sprach Schwesig von einem guten Tag für Familien. Das Gesetzespaket enthält neben dem Rechtsanspruch für eine Familienpflegezeit noch weitere Neuregelungen. Schwesig nannte als Herzstück, dass sich nun Arbeitnehmer bei einem akuten Pflegefall eine zehntägige bezahlte Auszeit nehmen können. Bislang gab es dafür keinen Lohnausgleich.

Weiter sieht das Gesetz vor, dass der Arbeitnehmer ein vom Bund getragenes, zinsloses Darlehen beantragen kann, wenn er seinen Rechtsanspruch auf eine Freistellung von sechs Monaten für eine Pflegezeit wahrnimmt. Auch diese Möglichkeit gab es zuvor nicht. Die Firmengröße, für die das gilt, liegt unverändert bei mindestens 15 Beschäftigten.

Neu ist der Rechtsanspruch auf eine sogenannte Familienpflegezeit. Damit hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, insgesamt 24 Monate seine Arbeitszeit zu reduzieren, um einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung zu betreuen. Auch bei der Familienpflegezeit kann er ein zinsloses Darlehen beantragen. Bedingungen für den Rechtsanspruch: Der Beschäftigte muss mindestens 15 Stunden wöchentlich arbeiten. Und seit Dienstag: In der Firma müssen mindestens 25 Arbeitnehmer tätig sein.

Erweiterter Familienbegriff

Mit dem Gesetz soll auch der Begriff der "nahen Angehörigen" erweitert und der "Lebenswirklichkeit" angepasst werden. So zählen nun auch Stiefeltern, Schwager und Schwägerinnen sowie lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaften dazu. Dabei müssen diese Gemeinschaften nachweisen, dass sie seit mindestens einem Jahr zusammen wohnen.

Zudem erhalten Beschäftigte die Möglichkeit, ihre Freistellung zu nutzen, um pflegebedürftige Kinder auch fernab von zu Hause in einer stationären Einrichtung zu betreuen. Ebenfalls ist eine dreimonatige Auszeit für eine Sterbebegleitung vorgesehen. Die unterschiedlichen Zeiten können kombiniert werden, dürfen insgesamt 24 Monate aber nicht überschreiten.

Kritik der Verbände

Für diese Heraufsetzung hagelte es massive Kritik von den Verbänden. So meinte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, offenkundig habe sich die Lobby der Wirtschaft durchgesetzt. Leidtragende seien zwei Millionen Arbeitnehmer mehr, die von dieser Neuregelung nicht profitierten.

Der Familienbund der Katholiken sprach von einer "bitteren Pille für viele pflegende Angehörige". Mehr als ein Viertel aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten seien jetzt vom Rechtsanspruch auf die Familienpflegezeit ausgeschlossen. Claudia Hagen vom Familienbund begrüßte zwar die Verbesserungen gegenüber der aktuellen Gesetzeslage, kritisierte aber auch die Einführung des zinslosen Darlehens. Das könnten sich viele Menschen mit mittleren und kleinen Einkommen nicht erlauben und birge die Gefahr einer Verschuldung, so Hagen im domradio.de-Interview. Nötig wäre vielmehr eine echte Lohnersatzleistung für die Familienpflegezeit.

Auch die Opposition bemängelte ein "Einknicken vor den Arbeitgebern". Damit sei der Rechtsanspruch "das Papier nicht mehr wert, auf dem er festgehalten wird", so die grüne Abgeordnete Elisabeth Scharfenberg. Die linke Abgeordnete Pia Zimmermann bemängelte, eine Pflege lasse sich nicht in zehn Tagen organisieren. Sie plädierte für eine sechswöchige Pflegezeit. Zudem sei völlig offen, was passiere, wenn der Angehörige auch nach zwei Jahren noch pflegebedürftig sei.


Quelle:
KNA , DR