Dortmunder Gemeindereferent zur Borussia-Pleite

"Gott ist auch im Fußball anwesend"

Ein kleines Stoßgebet für das nächste Fußballspiel: Ist das legitim? Karsten Haug, Gemeindereferent in der Dreifaltigkeitskirche in Dortmund und Borussia-Fan, erklärt domradio.de, wie der Glaube helfen kann.

Fans bei Borussia-Spiel  (dpa)
Fans bei Borussia-Spiel / ( dpa )

Domradio.de: Wir haben einen Mitarbeiter bei domradio.de, der ist im Moment ganz mies drauf, weil er Fan vom BVB ist. Erklären Sie mal, warum geht es so vielen Menschen wegen eines Misserfolgs im Fußball so schlecht?

Haug: Man hängt sein ganzes Herz daran. Wenn man Fußball-Fan ist - ich habe seit 25 Jahren eine Dauerkarte  - ist da ganz viel Verbundenheit mit den Menschen, mit denen man sich da trifft. Dann freut man sich auf der einen Seite, wenn man gewinnt. Man leidet aber auch mit, wenn der Verein verliert. Bei Borussia weiß im Moment niemand so ganz genau, warum die eigentlich verlieren - denn sie spielen ganz gut, doch sie kriegen einfach nur dämliche Tore hinten rein.

domradio.de: Es gibt es zahllose Artikel über die Borussia-Misere - kann man das in der Stadt richtig spüren, sprechen die Menschen darüber oder berichten nur die Medien darüber?

Haug: Ich glaube schon, dass ganze viele Menschen darüber reden, wie es dazu kommen konnte und warum wir jetzt da unten stecken. In jedem steckt ja auch ein Trainer, jeder Fan ist ein Jürgen Klopp.

Nichtsdestotrotz müssen wir jetzt zur der Mannschaft und zu dem Team stehen und sagen:  Ja, wir gehen da gemeinsam raus. Ich bin der Überzeugung, dass das Gesprächsthema Nummer eins ist. Da redet man nicht über das Wetter – am Montag redet man in Dortmund normalerweise über die Borussia.

domradio.de: Sie arbeiten als Seelsorger. Die Fans leiden - kann man damit irgendwie seelsorglich umgehen? Oder sagen, ist ja nur Fußball?

Haug: Wir haben das Anliegen in der Dreifaltigkeitskirche -  das ist ja die Gründungskirche von Borussia  - dass da die Fußballfans einen Raum haben können, wo sie ihre Sehnsüchte hintragen, Kerzen anzünden, ihre Ängste und Sorgen, Hoffnungen und Freuden Gott anvertrauen dürfen.

Aber es ist jetzt nicht so, dass uns die Kirche im momentan eingerannt wird. Wir öffnen die Kirche an Wochenenden  und dann sieht man durchaus mal BVB-Fans da hinkommen und Kerzen entzünden. Aber das war auch schon vorher der Fall. Durch die prekäre Situation ist das nicht anders geworden.

domradio.de: Die Dreifaltigkeitskirche ist ganz wichtig für die Historie des Vereins. Sie verbinden Ihre kirchliche Arbeit mit der Fan-Kultur von Borussia. Wo sehen Sie da Berührungspunkte zwischen Fan sein und Katholik sein?

Haug: Ich persönlich glaube an einen Gott, der im ganzen Leben anwesend ist - ob das jetzt in Familie, Beruf, Alltag, Sport ist. Dann ist er auch eben im Fußball anwesend. Das Bibelwort – ich bin der "ich bin da" – begleitet mich schon mein ganzes Leben. Und je intensiver ich mich damit auseinander gesetzt habe, desto mehr bin ich auch der festen Überzeugung, dass dieses Gottesbild auch für Fußball gilt.

Das heißt aber nicht, dass dieser Gott die Tore schießt - das müssen die Spieler schon selber. Das versuchen wir schon deutlich zu machen in dieser Dreifaltigkeitskirche: Gott ist auch beim Sport und Fußball anwesend, da wo Menschen sich treffen und begegnen.

domradio.de: Kann man eigentlich als Fan dafür beten, dass Borussia nicht absteigt oder wäre das schon fast Gotteslästerei?

Haug: Das ist eine sehr gute Frage. Ich erlebe schon viele Menschen, die eine Kerze entzünden und ein Gebet sprechen. Was sie beten – da frag ich auch nicht nach. Gebet ist ja immer eine sehr intime Beziehung zwischen dem Betenden und dem Angebeteten. Da werde ich nicht rein reden. Ich kann mir schon vorstellen, dass es durchaus Fans gibt, die sagen: Lieber Gott, jetzt tu endlich was! Und ehrlich gesagt - manchmal denke ich das auch.

Das Interview führte Mathias Peter.

Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Weder domradio.de noch das Erzbistum Köln machen sich Äußerungen der Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen zu eigen.


Quelle:
DR