Spender gehen neue Wege

2014 vermutlich neues Rekordjahr

Experten vermuten - noch nie wurde so viel gespendet wie in diesem Jahr. Allein in den ersten acht Monaten gaben Privatleute dem Deutschem Spendenrat zufolge rund 2,7 Milliarden Euro für den guten Zweck - 4,6 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Autor/in:
Katharina Hölter
Spenden per Internethype  (dpa)
Spenden per Internethype / ( dpa )

Ein feucht fröhlicher Spendensommer war das: Sängerin Helene Fischer ließ sich einen Kübel Eiswasser über den Kopf kippen, genauso Fußballer Bastian Schweinsteiger, unzählige weitere Promis, Nachbarn, Studienkollegen, Chefs. Alles für den guten Zweck. Ice Bucket Challenge hieß das Phänomen. Das Prinzip: 1. Vor laufender Kamera zum begossenen Pudel werden, 2. Für die Nervenkrankheit ALS spenden, 3. Freunde im Internet zur gleichen Aktion bewegen. Nun wollen weitere Organisationen die Trendwelle erwischen.

Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen Unicef versucht es mit der Wake Up Call Challenge. Promis posten Bilder direkt nach dem Aufstehen und spenden für Kinder in Syrien. Bei der Welthungerhilfe ist es die Lemon Face Challenge. Das YouTube-Comedytrio Y-Titty fordert auf, vor laufender Kamera eine Zitrone zu essen - und fünf Euro gegen den Hunger zu spenden.

Neues Rekordjahr 2014

Der bisherige Spendentrend für 2014 deutet auf ein neues Rekordjahr hin: Allein in den ersten acht Monaten gaben Privatleute dem Deutschem Spendenrat zufolge rund 2,7 Milliarden Euro für den guten Zweck - 4,6 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Insgesamt hatten die Deutschen 2013 rund 4,7 Milliarden Euro gespendet. Laut einer anderen Berechnung des Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) waren es rund 6,3 Milliarden. Eines ist für die Experten klar: "Der Trend, sich von Freunden über soziale Netzwerke zu einer Spende anstoßen zu lassen, wird sich vermutlich fortsetzen", sagt die Geschäftsführerin des Spendenrats, Daniela Felser.

Eine Hoffnung für Spendenorganisationen, die dringend ein jüngeres Publikum mobilisieren wollen. Denn überwiegend ist es die Generation 60plus, die nach Angaben von Spendenrat und DZI höhere Geldbeträge in Deutschland spendet. Die Menschen dieser Altersgruppe haben größere Investitionen bereits getätigt, Kinder brauchen oft keine Finanzspritzen mehr, Haus oder Wohnung sind abbezahlt. "Da ist dann eher Geld für Spenden vorhanden als bei jungen Leuten", sagt Felser.

Freude am Helfen zeigen

Doch was animiert junge Menschen zum Spenden und Helfen? Bei der Hochwasserkatastrophe 2013 in Deutschland oder dem Taifun Haiyan auf den Philippinen haben die Medien nicht nur Not und Elend gezeigt, sondern über die Hilfsaktionen berichtet. "Viele scheinen sich dadurch motiviert gefühlt zu haben", und manche seien sogar "selbst losgefahren, um zu helfen - besonders junge Leute", sagt Felser. Statt Geld gaben sie Zeit.

"Wenn nur die Katastrophe gezeigt wird, kann man auch in eine Art Ohnmacht fallen und denken: 'Wo fang ich da nur an?' Das ist eher kontraproduktiv", findet Felser. Die Freude am Helfen zu zeigen, aktiviere viel mehr - wie bei der Ice Bucket Challenge.

Mehr Online-Spenden

Vor allem seien junge Spender sensibler, sie recherchierten online und hinterfragten, meint Felser. In Katastrophenzeiten steigen laut DZI die Spenden, die online über Webseiten geleistet werden. Das lässt "sicher auch auf junge Spender schließen", sagt die Leiterin der Spendenberatung beim DZI, Christel Neff. Denn junge Menschen spendeten stärker über Online-Spendentools oder mit dem Handy per SMS. Im Durchschnitt mache der Anteil dieses Wegs am Spendenaufkommen allerdings bislang nicht mehr als zehn Prozent aus.

Den größten Anteil an Spenden bringe immer noch der klassische Werbebrief, der mit dem Überweisungsformular per Post kommt, heißt es beim DZI. Laut Spendenrat lag der Anteil schon mal bei einem Drittel der Spendeneinnahmen, heute ist es nur noch gut ein Fünftel.

Eher kleinere Organisationen

Junge Leute "werfen die Briefe weg", vermutet die Mitbegründerin der Online-Spendenplattform Betterplace, Joana Breidenbach. "Sie unterstützen eher kleinere Initiativen, bei denen man das Gefühl hat, die eigene Spende bewegt tatsächlich was. Sie möchten sehen, wo und wofür ihr Geld eingesetzt wird und was die Spende vor Ort bewegt." Bei Angeboten wie betterplace.org oder helpdirect.org können Privatpersonen oder Organisationen gezielt für soziale Projekte werben und via Online-Fundraising Geld- und Zeitspenden sammeln. Durchschnittliches Spendenalter bei betterplace.org: 38 Jahre.

"Der persönliche Bezug ist den Spendern besonders wichtig", sagt Breidenbach. "Junge Leute reisen ja auch viel mehr und werden dabei auf Projekte in der ganzen Welt aufmerksam. Dieses persönliche Erleben ist oft der Auslöser, um sich zu engagieren. Das ist etwas ganz anderes, als wenn zum Beispiel auf einer Golf-Charity-Veranstaltung Geld gesammelt wird."

Internet ist Segen

Außerdem seien junge Menschen besser vernetzt und könnten oft mehr Unterstützer erreichen, wenn sie selbst Spenden sammelten. Auch wenn nicht immer hohe Summen zusammenkommen, glaubt Breidenbach: "Das Internet ist ein Segen für die Spendenlandschaft."


Quelle:
dpa