Pfarrer Stefan Hippler zur Welt-AIDS-Konferenz in Melbourne

"Jeden Tag infizieren sich 6000 Menschen mit HIV"

Weniger Todesfälle durch AIDS, weniger Neuinfektionen. Das klingt nach einem positiven Trend - und guten Vorzeichen für die Welt-AIDS-Konferenz in Melbourne. Pfarrer Stefan Hippler, AIDS-Aktivist in Südafrika, ist skeptisch. Ein domradio.de-Interview.

HIV-Behandlung in Indien (dpa)
HIV-Behandlung in Indien / ( dpa )

domradio.de: Können Sie den positiven Trend bestätigen? Gilt das auch für die Südafrikaner?

Hippler: Ja und nein. Auf der einen Seite haben wir natürlich geringere Zahlen, das heißt also die Todesfälle sind weniger geworden, Neuinfektionen auch, aber sie sind auf einem sehr hohen Niveau stehengeblieben. Es gibt ungefähr 6000 neue HIV-Infektionen jeden Tag, und jede zweite davon kommt aus Südafrika oder Nigeria, sprich aus den Staaten unterhalb des Äquators. Von daher sind wir auf einem sehr hohen Niveau und das ist immer noch eine Herausforderung.

domradio.de: Die Vereinten Nationen haben sich dazu verpflichtet, im Laufe des nächsten Jahres schon, allen Menschen universellen Zugang zu HIV-Prävention, Behandlung, Betreuung und Pflege bereitzustellen. Die UN sehen das Ende von AIDS kommen. Wie sehen Sie das?

Hippler: Das ist schwierig. wenn wir ehrlich sind: es gibt 35 Millionen HIV-Positive auf dieser Welt, 13 Millionen werden behandelt. Ich glaube nicht, dass wir das schaffen. Bei der Eröffnung der Konferenz wurde auch gesagt, es gibt Staaten wie Südafrika, wie Nigeria, wie Indien oder Kenia, wo wir uns nochmal sehr anstrengen wollen und sollen. Man spricht jetzt von 2030 als dem magischen Datum.

domradio.de: In unserer Wahrnehmung spielt AIDS überwiegend in Afrika und Südostasien eine Rolle. Wie ist denn die Lage beim diesjährigen Gastgeberland Australien?

Hippler: Die ist eigentlich sehr gut. Das hat damit zu tun, dass leider politisch sehr rigoros gehandelt worden ist. Wer HIV-positiv war, durfte sich im Land nicht ansiedeln. Und die HIV-Positiven hier in Australien kommen frühzeitig in Behandlung, werden getestet, es wird genau geguckt, welche Gruppen sind betroffen und wie kann man es am besten behandeln. Von der Politik her, auch vom Gesundheitswesen her, ist das top.

domradio.de: Die Konferenz ist vom Flugzeug-Abschuss der Malaysia Airlines über der Ukraine überschattet. Dort saßen ja Konferenzteilnehmer drin auf dem Weg nach Melbourne. Haben Sie das als Konferenzteilnehmer gespürt? War die Stimmung gedrückt?

Hippler: Ja, gerade bei der Eröffnung wurde natürlich an die Kollegen gedacht. Ich persönlich fand das auch sehr traurig, weil einer derjenigen, der beim Abschuss getötet wurde, ist Joep Lange gewesen. Joep Lange ist der Mitgründer einer NGO in Amsterdam, mit der wir zusammenarbeiten in Südafrika. Von daher waren wir auch persönlich sehr betroffen. Ich habe heute gerade das Kondolenzbuch unterschrieben, das dann an die Angehörigen geht.

Das Gespräch führte Tobias Fricke.


Pfarrer Stefan Hippler / © HOPE Cape Town Trust
Pfarrer Stefan Hippler / © HOPE Cape Town Trust

AIDS-Aufklärung in Malawi (dpa)
AIDS-Aufklärung in Malawi / ( dpa )
Quelle:
DR