Tag der Menschenrechte

"Es gibt leichte Verbesserungen"

Heute ist Tag der Menschenrechte. Viele Organisationen mahnen die Menschenrechtssituationen in einigen Teilen der Welt an. Ralf Willinger, Kinderreferent von "terre des hommes", möchte besonders auf Waffenexporte und die Situation von Kindersoldaten aufmerksam machen.

Kindersoldat (dpa)
Kindersoldat / ( dpa )

domradio.de: Seit einigen Jahren herrscht auch in Europa ein Bewusstsein dafür, dass Kinder besonders unter bewaffneten Konflikten leiden. Sie werden Opfer von Gewalt und werden als Kindersoldaten eingesetzt. Heute am Tag der Menschenrechte, kann man da sagen, die Lage von Kindern in Kriegs- und Krisengebieten hat sich etwas verbessert oder ist da weiter dringender Handlungsbedarf?

Willinger: Nein, da ist weiterhin dringender Handlungsbedarf. Man kann sagen, dass sich die Lage natürlich in manchen Krisengebieten verbessert hat, insbesondere dann, wenn Kriege zu Ende gegangen sind. Aber es gibt natürlich auch aktuelle Krisenherde, wie Syrien natürlich, aber auch andere Länder in Afrika, wie die Republik Kongo oder Kolumbien und Burma, wo weiterhin sehr viele Kinder beispielsweise als Kindersoldaten eingesetzt werden, vertrieben werden, auf Landminen treten und so weiter.

domradio.de: Kann man denn für die Zukunft die Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten irgendwie dauerhaft verhindern? Kann man da irgendwie einwirken?

Willinger: Es gibt da durchaus Erfolge bei der Strafverfolgung. Beim Internationalen Gerichtshof in den Haag gab es im letzten Jahr zwei wegweisende Urteile gegen Leute, die verantwortlich sind für das Rekrutieren von Kindern. Aber insgesamt muss man sagen: Nach wie vor werden praktisch in jedem Konflikt und in jedem Konfliktgebiet der Welt Kinder als Soldaten für verschiedene Aufgaben herangezogen. Und das liegt einfach auch daran, sobald es Kriege gibt, braucht man einfach Soldaten und da nimmt man leider auch Minderjährige.

domradio.de: Aus Anlass des Tags der Menschenrechte 2013 haben Sie auch eine Forderung an die Bundesregierung gestellt, die sich ja in diesen Tagen zusammenfinden soll in Berlin. Was fordern Sie genau?

Willinger: Wir fordern, dass Deutschland keine Waffenexporte mehr in Krisengebiete tätigt. Es ist einfach ein Skandal, dass Deutschland drittgrößter Waffenlieferant weltweit ist nach den USA und Russland; und auch in Konfliktgebiete liefert, beispielsweise Kolumbien oder auch Saudi Arabien und Länder die mitten in Krisengebieten liegen. Und es gibt da einen ganz klaren Zusammenhang. Also diese Länder sind teilweise überflutet mit sogenannten Kleinwaffen - das sind Maschinenpistolen, Sturmgewehre usw. - die verheerende Auswirkungen haben, die die höchsten Opferzahlen bei Zivilisten fordern - gerade auch bei Kindern - und mit denen natürlich auch Kindersoldaten kämpfen. Und viele dieser Länder sind auch überflutet mit Kleinwaffen deutschen Fabrikats, beispielsweise das G3 von Heckler & Koch.

domradio.de: Was erhoffen Sie sich, wenn die Bundesregierung möglicherweise Ihrer Forderung nachkommt und Waffenexporte einschränken sollte?

Willinger: Wir erhoffen uns natürlich, dass dann tatsächlich auch diese Exporte nicht mehr stattfinden. Bis jetzt ist es eben so, dass die Bundesregierung zwar auch behauptet, sie würde sich an die Rüstungsexportrichtlinien vom Jahr 2000 halten, wo das Menschenrechtskriterium drin ist. Das heißt, eigentlich dürfen gar keine Waffenexporte in Länder stattfinden, wo Menschenrechtsverletzungen stattfinden. Wenn man sich aber anguckt, dass beispielsweise Saudi Arabien, der größte Waffenempfänger von deutschen Rüstungsexporten, beliefert wird. Und das ist ein Land mit massivsten Menschenrechtsverletzungen und das nachweislich auch in den Bürgerkrieg in Syrien eingreift mit Waffenlieferungen an Rebellen und auch in andere Konflikte in der Region, dann muss man einfach feststellen, dass diese Richtlinien nicht angewendet werden, zumindest nicht als oberste Priorität.

domradio.de: Wie optimistisch sind Sie, dass sich mit der neuen Großen Koalition etwas tun wird?

Willinger: Wir hoffen. Es ist nicht so, dass wir jetzt, nachdem was gesagt wurde und nachdem was im Koalitionsvertrag steht, den Eindruck haben, dass es da eine Trendwende gibt. Es gibt leichte Verbesserungen: Beispielsweise der Rüstungsexportbericht der Bundesregierung soll etwas früher erscheinen, das Parlament soll in irgendeiner Art und Weise über Entscheidungen informiert werden. Aber dadurch, dass es weiter keine verbindliche Regelung gibt, vermuten wir leider, dass es im Endeffekt ähnlich weitergeht. Man muss auch dazu sagen, es ist kein Problem der letzten Bundesregierung, sondern das war bei einer Reihe von Bundesregierungen so, also in den letzten zwanzig, dreißig Jahren zieht sich das durch, dass Deutschland kontinuierlich immer weiter Waffen exportiert hat, auch in Krisenländer. Deshalb müsste da endlich eine Trendwende stattfinden und wir hoffen, dass die auch stattfindet.

Das Interview führte Matthias Friebe.