Seit 40 Jahren hilft das Maximilian-Kolbe-Werk NS-Überlebenden

"Unsere Arbeit ist noch nicht zu Ende"

Als vor 40 Jahren die ersten Deutschen vom Kolbe-Werk polnischen KZ-Überlebenden helfen wollten, trafen sie auf Widerstände und Misstrauen. Doch das Vertrauen wuchs und bis heute leistet das Hilfswerk wichtige Arbeit.

Ein KZ-Hemd und ein Bild von Maxilmilian Kolbe zum 40-jährigen Bestehen des Hilfswerks (KNA)
Ein KZ-Hemd und ein Bild von Maxilmilian Kolbe zum 40-jährigen Bestehen des Hilfswerks / ( KNA )

"Als die ersten Deutschen vom Kolbe-Werk nach Polen kamen, um uns KZ-Überlebenden Hilfen anzubieten, da konnten viele von uns es nicht aushalten, zum ersten Mal wieder die deutsche Sprache, die Sprache ihrer ehemaligen Peiniger zu hören. Sie mussten den Raum verlassen."

Zdzislaw Badio, Überlebender des KZ Majdanek, erinnerte sich bei den 40-Jahr-Feiern des Maximilian-Kolbe-Werks am Wochenende in Freiburg an die schwierigen Anfänge der deutschen Hilfe für die Überlebenden der Konzentrationslager und Ghettos. Zugleich machte der 88-Jährige deutlich - und die anderen gekommenen NS-Überlebenden unterstützen ihn darin - wie schnell vielerorts neues Vertrauen entstand, und wie wichtig die finanziellen und medizinischen Hilfen des Kolbe-Werks waren und bis heute sind.

Die Pflicht, zu erzählen

Anna Stachowiak, die als Kind Auschwitz-Birkenau überlebte, beschrieb, dass die NS-Überlebenden in ihrer Heimatregion rund um Stettin heute immer schwächer und kränker würden: "Wir sehen es aber als unsere Pflicht an, solange wir können der jungen Generation von unseren schrecklichen Leiden zu erzählen. Damit sich eine solche Geschichte nie mehr wiederholt."

Gegründet von Katholiken, die Ende der 1960er zu einer Sühnewallfahrt nach Polen und dabei auch ins ehemalige Lager Auschwitz reisten, unterstützt das Kolbe-Werk seitdem Überlebende der Konzentrationslager und Ghettos im Osten Europas mit Geld und medizinischer Betreuung vor Ort. Zudem organisiert das Hilfswerk in Deutschland Kuren für ehemalige Häftlinge. Viele von ihnen berichten während ihres Deutschlandbesuchs wiederum als Zeitzeugen Jugendlichen über die Schrecken der NS-Zeit. "Es geht darum, eine neue Generation der 'Zeugen der Zeugen' zu bilden", so Kolbe-Werk-Geschäftsführer Wolfgang Gerstner.

Für die Versöhnung der Völker in Europa

Und Hilfswerks-Präsident Peter Weiß ergänzt: "Solange es Überlebende gibt, solange stehen wir in der Pflicht, ihnen zu helfen." Zugleich sei inzwischen eine weiterreichende Perspektive immer deutlicher geworden: "Die Geschichte des Kolbe-Werks wird nicht mit dem Tod der Überlebenden enden, sondern das Vermächtnis der bisherigen Arbeit ist es, sich auch künftig für die Versöhnung der Völker in Europa einzusetzen. Etwa durch internationale Jugendtreffen im Gedenkzentrum Auschwitz." Für Anna Stachowiak jedenfalls steht schon heute fest: "Die Arbeit des Kolbe-Werks war und ist für die deutsch-polnische Aussöhnung von unschätzbarem Wert."

Bei den Jubiläumsfeiern in Freiburg, denen ein Gedenktreffen im ehemaligen KZ Auschwitz vorangegangen war, ging es daher besonders um die weiteren Perspektiven der Hilfsorganisation. In den vergangenen Jahre entstanden neue Projekte wie internationale Jugendtreffen oder Fortbildungsangebote für Journalisten und Lehrer. Ein Baustein soll künftig die vor einigen Jahren neu gegründete Kolbe-Stiftung bilden.

Spenden und Engagement

Indes gab es zuletzt Differenzen und Reibungsverluste bei den unterschiedlichen Projekten, die nun künftig überwunden werden sollen. "Die Gründung der Stiftung ist ein klares Signal, dass die Versöhnungsarbeit aus christlichem Geist, das Engagement für ein vereintes Europa weitergehen muss und wird", wie Peter Weiß formulierte.

Wie viele Projekte von Kolbe-Werk und -Stiftung es künftig indes geben kann, wird sich auch daran entscheiden, wie viele junge Leute sich engagieren und ob es gelingt, weiterhin genügend Spenden zu gewinnen. Der aus Spenden und Kollekten getragene Jahresetat des Kolbe-Werks lag zuletzt relativ stabil bei rund 1,6 Millionen Euro.

Die Kolbe-Stiftung verzeichnete keine nennenswerten Zustiftungen.

Insgesamt wurden nach Angaben der Organisation in den vergangenen 40 Jahren Hilfsprojekte in Höhe von 70 Millionen Euro organisiert.

"Es wird künftig sehr wichtig sein", so die Theresienstadt-Überlebende Dagmar Lieblova, "dass wir die junge Generation auch weiter dazu ermutigen, immer und überall gegen Intoleranz, Antisemitismus und Fremdenhass aufzustehen." Zwei ungarische NS-Überlebende verfolgen mit Sorge die Entwicklung im heutigen Ungarn: Dort nehmen Antisemitismus und die Leugnung des Holocaust dramatisch zu.


Quelle:
KNA