Paraguay wählt einen neuen Präsidenten

Schlammschlacht um einen Neuanfang

Ausgerechnet einer der reichsten Männer Paraguays verspricht Korruption, Drogenhandel und Geldwäscherei zu beenden: Horacio Cartes, milliardenschwerer Tabak-Unternehmer, geht heute als Favorit ins Rennen um die Präsidentschaftswahlen.

Autor/in:
Tobias Käufer
Horacio Cartes (dpa)
Horacio Cartes / ( dpa )

Er ist Kandidat der Colorado-Partei, die jahrzehntelange das Land beherrschte, ehe 2008 der ehemalige Bischof Fernando Lugo die Wahlen gewann und die Dauerherrschaft der Colorados beendete. Knapp fünf Jahre seien genug, nun sei Zeit für einen Neuanfang, betonte Cartes und versprach seinen Landsleuten eine runderneuerte Partei. Kritiker rümpfen allerdings die Nase, denn Cartes wird eine Nähe zur organisierten Kriminalität nachgesagt. Beweise konnten die Gegner des erst seit drei Jahren politisch aktiven Unternehmers bislang aber noch nicht vorlegen. Herausforderer von Horacio Cartes ist Efrain Alegre, einst unter Lugo Bau- und Kommunikationsminister. Auch der Kandidat der liberalen Regierungspartei Partido Liberal muss sich heftiger Vorwürfe erwehren: Er soll öffentliche Gelder veruntreut haben, werfen ihm die Colorados vor.

Das Klima im Wahlkampf war aggressiv; gelegentlich fliegen die Fäuste. Die Bischofskonferenz des Landes rief die politischen Akteure am Donnerstag dazu auf, auf Gewalt, Konfrontation und Fanatismus zu verzichten. Die Bischöfe mahnten zu "Verstand, Vorsicht und gegenseitigem Respekt zwischen den verschiedenen Akteuren, Institutionen und Personen, die in diesen Wahlprozess involviert sind". Vor, während und nach der Wahl müssten die Verantwortlichen Situationen und Aktionen vermeiden, die Gewalt auslösen könnten. Offenbar befürchten die Bischöfe venezolanische Verhältnisse. Dort toben seit der Wahl des Sozialisten Nicolas Maduro zum Präsidenten vergangenen Sonntag heftige Kämpfe zwischen Oppositionellen und Regierungsanhängern.

Linke sprechen von Putsch

In den vergangenen Wochen spielte Ex-Präsident, Ex-Bischof und Ex-Hoffnungsträger Fernado Lugo medial eine große Rolle. Kein Tag verging, ohne eine Meldung über Lugo. Der frühere linksgerichtete Präsident war im Juni 2012 abgesetzt worden, nachdem es im Städtchen Curuguaty zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Landbesetzern gekommen war, bei denen 17 Menschen starben. Als Nachfolger wurde der bisherige Vizepräsident Federico Franco der Partido Liberal vereidigt. Die Kongressabgeordneten begründeten die Absetzung mit schlechter Amtsführung. Allerdings steckte mehr dahinter: Lugo hatte mit Forderungen nach mehr Verteilungsgerechtigkeit die Agrar-Millionäre des Landes verschreckt. Ein Mix aus schlechtem Management und zu forschen Veränderungen kostete ihn im Haifischbecken der paraguayischen Politik das Amt.

Lateinamerikas Linksregierungen werteten Lugos Absetzung als Putsch, obwohl das Vorgehen aus verfassungsrechtlicher Sicht korrekt war. Doch zu einem faden Beigeschmack über das Hauruck-Verfahren kam auch die kontinentale Ächtung Paraguays. Der südamerikanische Staatenbund UNASUR schloss das Land aus. Zwischen Paraguay und Venezuela entbrannte ein heftiger diplomatischer Streit, der bis heute nicht ausgestanden ist.

Auf Platz 150 des Korruptionsindex

Für Aufsehen sorgte unterdessen der Bischof von Ciudad del Este, Estadio Rogelio Livieres, der jüngst öffentlich zur Unterstützung der Colorado-Partei aufrief und damit Lugos Unmut auf sich zog. Ein Bischof dürfe nicht derart Partei ergreifen, sagte Lugo, der sich für das linksgerichtete Bündnis "Frente Guasu" um das Amt eines Senators bewirbt. Die Kirche müsse evangelisieren, dürfe aber in der Politik niemanden empfehlen. Der frühere Bischof Lugo hatte 2006 beim Vatikan seine Rückversetzung in den Laienstand beantragt, um sich seiner politischen Karriere widmen zu können. 2008 gab Benedikt XVI. dem Antrag statt.

Egal wer neuer Präsidenten wird, die Herausforderungen sind riesig. Die Wirtschaft verfügt angesichts eines starken Exporthandels über bemerkenswerte Wachstumsraten, doch davon kommt in den armen Bevölkerungsschichten nichts an. Hinzukommt, dass Paraguay zu den korruptesten Ländern der Welt zählt. Auf dem Index von Transparency International belegt das Land gemeinsam mit Guinea-Bissau und Papua-Neuguinea Platz 150. Auf dem eigenem Kontinent ist nur noch Venezuela (Platz 165) korrupter. Paraguay hofft auf einen Neuanfang. Ob es einer wird, bleibt abzuwarten.


Quelle:
KNA