Weihbischof "beschämt" über katholisches Engagement für Außenseiter in Hamburg

"Wir sind da eher schwach"

Im Interview mit domradio.de hat der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke über das Leben in der Diaspora gesprochen. Kritisch bewertet er den Einsatz seiner Kirche für Drogensüchtige und Prostituierte, positiv den Kontakt zur evangelischen Kirche. Jaschke ist in dieser Woche der Experte für das Tagesevangelium bei domradio.de.

Weihbischof Hans-Jochen Jaschke (KNA)
Weihbischof Hans-Jochen Jaschke / ( KNA )

domradio.de: Ist die Diaspora-Situation in Ihrem Bistum im täglichen Leben oder auch in der täglichen Arbeit als Weihbischof spürbar?

Jaschke: Man gewöhnt sich daran. Ich bin in der Diaspora groß geworden, in der Nähe von Hannover in Niedersachsen. Diaspora bringt uns mit ganz guten Menschen zusammen. Und wir als Katholiken spüren, dass wir besonders intensiv zur Kirche stehen müssen.



domradio.de: Rückt man also enger zusammen?

Jaschke: Das klassische Diaspora-Feeling bestand immer darin, dass wir genau wussten, wer wir sind - und gut zusammen gehalten haben. Das löst sich mit der Zeit etwas auf, aber wir haben mit den evangelischen Christen einen sehr guten Kontakt und wissen, dass wir nur dann stark sein können, wenn wir gut zusammen halten.



domradio.de: Sie haben in Interviews und Stellungnahmen immer wieder auch betont, wie wichtig es ist, ganz nahe bei den Menschen zu sein. Jetzt ist der Bischofssitz in Hamburg in St. Georg, ein Stadtteil, in dem die sozialen Gegensätze sehr deutlich sichtbar sind. Welche Rolle spielt das bei Ihrer Arbeit als Seelsorger?

Jaschke: Wir sind in St. Georg zu Hause als Bistum. Aber St. Georg ist nicht mehr nur der Stadtteil vor der Stadt, vor dem Bahnhof, sondern auch ein In-Stadtteil. In St. Georg leben mittlerweile ganz reiche Leute, die Penthäuser haben und es sich gut gehen lassen. Die ganz klassische Arbeit mit Junkies, Drogensüchtigen, Prostituierten, mit Strichern usw. steht uns gar nicht so sehr vor Augen. Leider Gottes, muss ich sagen, sind wir Katholiken da auch ziemlich schwach. Da sind evangelische Christen stärker. Sie haben ein Café, wo Frauen sich zusammenfinden können und sicher sein können; es gibt Freikirchen, die für die Junkies etwas tun. Wir Katholiken sind da eher schwach - das muss ich zu unserer eigenen Schande und Beschämung sagen.



domradio.de: Woran liegt das, dass die Katholiken sich in diesem Bereich nicht so sehr engagieren?

Jaschke: Wir waren halt die Minderheit und haben gesagt, wir sind in St. Georg zu Hause und müssen uns da unser eigenes Heim gut sichern. Wir haben die Domkirche dort, das ist auch alles ganz schön. Aber wir haben zu wenig Aufmerksamkeit für die Menschen drum herum.



domradio.de: Sie selbst engagieren sich immer mal wieder auch für die Ausgegrenzten und Schwachen in der Gesellschaft - wann haben Sie sich in Ihrem Leben dafür entschieden, dass das Ihr Weg sein könnte?

Jaschke: Es fällt einem so zu. Ein Christenmensch soll offene Augen haben, einen wachen Blick für die Situationen, in denen er lebt. Und bei mir ist das als Bischof eben auch meine Aufgabe geworden: immer wieder in der Öffentlichkeit zu stehen, ein gutes Wort zu sagen. Und je älter ich werde, desto mehr sage ich: Es ist schön, Menschen um sich zu haben; Menschen mit ihren eigenen Gesichtern, ihre Schicksalen zu sehen und zu erleben.



Das Gespräch führte Stephanie Gebert.