Bundestag: Wiedereinführung jüdischer Militärseelsorge

"Historischer und bewegender Moment"

​Mit einem historischen Beschluss hat der Bundestag den Weg für die Wiedereinführung von Militärrabbinern in der deutschen Armee freigemacht.

Bundeswehrsoldaten / © Patrick Pleul (dpa)
Bundeswehrsoldaten / © Patrick Pleul ( dpa )

Einstimmig beschloss das Parlament ein Gesetz zur Wiedereinführung einer jüdischen Militärseelsorge. Erstmals seit rund 100 Jahren könnten damit noch in diesem Jahr wieder Militärrabbiner in Deutschland dienen. Vorgesehen ist, dass zunächst bis zu zehn Militärrabbiner bei der Bundeswehr tätig werden. Die Auswahl der ersten Geistlichen soll im Herbst starten. In Berlin soll zur Verwaltung ein Militärrabbinat eingerichtet werden, das von einem Militärbundesrabbiner geleitet wird.

Ende Dezember hatten Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und der Zentralrat der Juden in Deutschland einen Staatsvertrag über die jüdische Militärseelsorge unterzeichnet. Das Gesetz setzt diesen nun um. Die Struktur des neuen Angebots ähnelt der von den beiden großen Kirchen verantworteten christlichen Militärseelsorge.

"Wichtige Stütze für die jüdischen Soldaten"

Zentralratspräsident Josef Schuster sagte zum Bundestagsbeschluss: "Die Militärrabbiner werden eine wichtige Stütze für die jüdischen Soldaten sein und ihren Rat der Bundeswehr insgesamt zur Verfügung stellen." Gerade in Zeiten eines wachsenden Antisemitismus und der Verbreitung von Verschwörungsmythen in der Gesellschaft sei dies "eine wichtige Unterstützung für die demokratische Haltung der Soldaten".

Kramp-Karrenbauer sprach von einem "besonderen Zeichen der Verbundenheit und Anerkennung" gegenüber den jüdischen Soldaten. Die jüdische Militärseelsorge sei ein erkennbarer Beitrag "gegen täglich zu spürenden und wachsenden Antisemitismus in unserer Gesellschaft". Zugleich versprach die Ministerin, in den kommenden Jahren Seelsorge-Angebote für Muslime und Orthodoxe zu schaffen.

"Bewegender Moment"

Der Beauftragte der Unionsfraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften, Hermann Gröhe (CDU), sprach im Bundestag von einem historischen und bewegenden Moment. Die SPD-Abgeordnete Katrin Budde sagte, auch mit der Wiedereinführung werde gezeigt, dass der jüdische Glauben zu Deutschland gehöre. Militärrabbiner könnten helfen, Vorurteile abzubauen. Zugleich sei es gut, nun auch für muslimische Soldaten feste Regelungen zu finden. Auch Linke und Grüne sprachen sich für eine muslimische Militärseelsorge aus.

Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau von den Linken sagte, es sei "höchste Zeit" für den jetzigen Beschluss gewesen. Rabbiner klärten mit ihrem Wirken auf, dies sei "bitter nötig im Kampf gegen Antisemitismus und auch in der Vermittlung von Bildung".

"Ein wichtiges Zeichen"

Nach Schätzungen der Bundesregierung dienen in der Bundeswehr etwa 300 Soldaten jüdischen Glaubens und rund 3.000 muslimische Soldaten. Unter den rund 180.000 Soldaten dienen zudem etwa 90.000 Christen. Sie werden von evangelischen und katholischen Seelsorgern betreut. Die Religionszugehörigkeit der Soldaten wird nur auf freiwilliger Basis erfasst.

Auch der Vorstand der Orthodoxen Rabbinerkonferenz begrüßte den Beschluss. Dieser sei ein wichtiges Zeichen in einer Zeit, "in der Antisemitismus, rechtsextremer Hass und Verschwörungstheorien wieder einen Nährboden finden".

 

Quelle:
KNA
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