Der Bundestag hat dem Bundeswehreinsatz gegen den IS zugestimmt. Damit sollen bis zu 1200 deutsche Soldaten mit Aufklärungsflügen und einer Fregatte die internationale Koalition im Kampf gegen den IS-Terror unterstützen - zunächst bis Ende 2016.
Die katholische Friedensbewegung pax christi hatte zuvor die Abgeordneten am Donnerstag dazu aufgefordert, dem von der Bundesregierung vorgelegten Mandat nicht zuzustimmen. Ein solcher Schritt unterlaufe die Bemühungen um eine friedliche Beilegung des Syrien-Konflikts. Die Erfahrung zeige, dass militärische Gewalt die Probleme im Nahen und Mittleren Osten verschlimmere, anstatt sie zu lösen, so pax christi. "Hinzu kommt, dass kein Mandat des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vorliegt, das einen solchen Einsatz zumindest völkerrechtlich - wenn auch nicht ethisch - legitimieren würde."
Ähnlich äußerte sich terre des hommes. Eine Eskalation des Luftkriegs würde die Situation für die Zivilbevölkerung und insbesondere die Kinder weiter verschärfen, erklärte die Kinderrechtsorganisation. Die internationale Gemeinschaft solle anstelle von Militärschlägen die Einkommensquellen der Terroristen trocken legen und den Zulauf von Kämpfern in die Region stoppen. Auch müsse der Schutz der Zivilbevölkerung Vorrang haben. Etwa 12 Millionen Menschen in Syrien seien auf Hilfe angewiesen, darunter 5,6 Millionen Kinder.
Auch medico international verwies auf das Schicksal der Zivilbevölkerung. Anstatt Leid zu lindern, produzierten Militärschläge nur neue Flüchtlingsströme, "die spätestens im kommenden Frühjahr an den europäischen Außengrenzen ankommen werden", so die Organisation und fügte mit Blick auf die Versorgungslage der Menschen in Syrien und den Nachbarstaaten hinzu: "Solange das Welternährungsprogramm derart skandalös unterfinanziert ist, bleibt jeder Kriegseinsatz in Syrien eine zynische Demonstration europäischer Selbstgerechtigkeit."
Die Bundeswehr soll die Kampfjets der Anti-IS-Koalition in Syrien und im Irak mit Aufklärungsflügen von sechs "Tornado"-Maschinen unterstützen, selbst aber keine Bomben abwerfen. Die deutsche Fregatte "Augsburg" soll zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers eingesetzt werden. Ein Tankflugzeug soll mit Treibstoffversorgung in der Luft längere Angriffsoperationen ermöglichen. Der Beschluss ist eine Reaktion auf die jüngsten Anschläge in Paris, zu denen sich der IS bekannte. Die Kosten für den Einsatz werden mit 134 Millionen Euro beziffert. Bei 598 abgegebenen Stimmen votierten 445 Abgeordnete für den Einsatz, 146 stimmten dagegen, 7 enthielten sich. Die Ja-Stimmen kamen fast ausschließlich aus dem Koalitionslager. Die Linksfraktion hatte vorab ein geschlossenes Nein angekündigt, die Grünen-Fraktion eine mehrheitliche Ablehnung. (KNA, dpa)
04.12.2015
Der Bundeswehr-Einsatz gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat", den der Bundestag am Freitag billigte, ist in den beiden großen Kirchen umstritten. Die Reaktionen reichen von "gut nachvollziehbar" bis "skeptisch" und "sorgenvoll".
Der Bundestag hat den Militäreinsatz gegen die Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) in Syrien beschlossen. Bei der namentlichen Abstimmung am Freitag stimmten mehr als zwei Drittel für den Antrag der Bundesregierung. Zwei Anträge der Linken-Fraktion gegen den Einsatz und gegen Waffenlieferungen in Nahost-Länder wurden abgelehnt. Kritik kam von Oppositionspolitikern und Vertretern der Kirchen
Traurige Nachricht
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, zeigte sich beunruhigt. "Wenn Deutschland in einen Krieg hineingehe, sollte dies "nicht nur hoffnungsfroh machen, sondern auch traurig", sagte er in München. Die Krise sei allein mit Gewalt nicht zu lösen. "Ohne langfristige Idee wird es keinen Frieden geben, die Zahl der Flüchtlinge wird noch steigen", so Marx.
Der Vorsitzende der Deutschen Kommission Justitia et Pax, Bischof Stephan Ackermann, bekräftigte, dass militärische Mittel nicht die einzige Maßnahme gegen der Terrorismus sein könnten. Es handle sich dabei um eine "existenzielle Auseinandersetzung um unser freiheitliches Verständnis von Menschenwürde und Menschenrechten", so der Trierer Bischof. Wenn Deutschland sich verstärkt und militärisch engagiere, bedeute dies "die Übernahme langfristiger Verantwortung in der Region". Ziel müsse eine Entwicklungs- und Versöhnungsperspektive sein, forderte Ackermann.
Gewaltspirale nicht gestoppt
Der Präsident der katholischen Friedensbewegung pax Christi, Bischof Heinz-Josef Algermissen, bezeichnete den Bundeswehreinsatz als "militärisches Abenteuer" ohne absehbares Ziel und Ende. Damit entferne Deutschland sich "von seiner Entscheidung für zivile Wege in der Politik", kritisierte der Fuldaer Bischof. Die Gewaltspirale in Nahost werde mit dem Eintritt neuer Kriegsakteure nicht gestoppt.
Algermissen appellierte an die internationale Gemeinschaft, ihre Energie in "die politische Lösung des Konfliktes am Verhandlungstisch" zu stecken.
Der neue Vorsitzende des Zentralkomitees der Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, erklärte indes, Deutschland dürfe sich nicht "der Verantwortung entziehen". "Wenn eine Mörderbande droht, ganze Völker auszurotten, und Menschenrechte auf so brutale Weise verletzt, muss die Weltgemeinschaft reagieren", sagte er dem katholischen Internet-Magazin kirchensite.de. Zugleich betonte Sternberg, der Bundestagsbeschluss tue weh. Es sei umso wichtiger, sich weiter für Verständigung und friedliche Lösungen einzusetzen.
Reaktionen in der EKD
Auch in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gibt es dazu keine einheitliche Position. Die Kirchenleitung der badischen Landeskirche rief zu am Freitag zu einem Verzicht auf einen deutschen Militäreinsatz in Syrien auf. "Der Beschluss des Bundeskabinetts zur Beteiligung der Bundeswehr an einem Militäreinsatz in Syrien erfüllt uns mit Sorge. Er folgt einer Logik, durch militärische Gewalt mehr Sicherheit herzustellen", heißt es in einer Stellungnahme.
Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm sieht einen Bundeswehreinsatz gegen den "IS" skeptisch. Ein Ja machte er am Donnerstagabend in Berlin von der Aussicht auf Erfolg abhängig: "Wenn ich davon überzeugt wäre, dass diese Maßnahmen in Syrien und Irak die Waffen von Bürgerkriegsparteien und IS-Mörderbanden zum Schweigen bringen und den Nährboden des Terrorismus austrocknen könnten, dann würde ich sie befürworten", sagte der bayerische Landesbischof.
"IS" nicht als Staat anerkennen
Der Friedensbeauftragte der EKD, Pastor Renke Brahms, warnte gegenüber domradio.de davor, dem so genannten "Islamischen Staat" nicht auf den Leim zu gehen. Es bestehe die Gefahr, dass man den "IS" als Staat anerkenne. "Denn Krieg betreiben wir gegen einen Staat. Der Terrorismus aber ist ein Verbrechen und das erfordert intensive Verbrechensbekämpfung. Aber wenn wir jetzt von Krieg reden, erkennen wir den "IS" als Partei an und das geht der Intention des "IS" auf den Leim."
Er zweifelte auch an, dass ein militärisches Eingreifen zum Erfolg führt. "Wir wissen auch, dass immer durch Interventionen militärischen Ausmaßes von außen auch die Radikalisierung in den betroffenen Ländern zunimmt. Die Rekrutierung der Menschen, die dem "IS" ohnehin schon nahe stehen, wird dann noch einfacher, weil wieder der Westen eingreift."
Kein Verstoß gegen Völkerrecht
Die Opposition stellt vor allem die Verfassungsmäßigkeit und Völkerrechtlichkeit des Einsatzes infrage. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) wies diese Zweifel zurück. Der Einsatz verstoße weder gegen das Völkerrecht noch gegen das Grundgesetz, sagte der Minister dem "Tagesspiegel" (Samstag).
Der Syrien-Einsatz sieht Tornados zur Aufklärung vor, darüber hinaus sind Luftbetankungsflugzeuge geplant. Eine deutsche Fregatte soll den französischen Flugzeugträger "Charles de Gaulle" vor der syrischen Küste schützen. Bis zu 1.200 deutsche Soldaten sollen in den Einsatz ziehen.
Der Bundestag hat dem Bundeswehreinsatz gegen den IS zugestimmt. Damit sollen bis zu 1200 deutsche Soldaten mit Aufklärungsflügen und einer Fregatte die internationale Koalition im Kampf gegen den IS-Terror unterstützen - zunächst bis Ende 2016.
Die katholische Friedensbewegung pax christi hatte zuvor die Abgeordneten am Donnerstag dazu aufgefordert, dem von der Bundesregierung vorgelegten Mandat nicht zuzustimmen. Ein solcher Schritt unterlaufe die Bemühungen um eine friedliche Beilegung des Syrien-Konflikts. Die Erfahrung zeige, dass militärische Gewalt die Probleme im Nahen und Mittleren Osten verschlimmere, anstatt sie zu lösen, so pax christi. "Hinzu kommt, dass kein Mandat des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vorliegt, das einen solchen Einsatz zumindest völkerrechtlich - wenn auch nicht ethisch - legitimieren würde."
Ähnlich äußerte sich terre des hommes. Eine Eskalation des Luftkriegs würde die Situation für die Zivilbevölkerung und insbesondere die Kinder weiter verschärfen, erklärte die Kinderrechtsorganisation. Die internationale Gemeinschaft solle anstelle von Militärschlägen die Einkommensquellen der Terroristen trocken legen und den Zulauf von Kämpfern in die Region stoppen. Auch müsse der Schutz der Zivilbevölkerung Vorrang haben. Etwa 12 Millionen Menschen in Syrien seien auf Hilfe angewiesen, darunter 5,6 Millionen Kinder.
Auch medico international verwies auf das Schicksal der Zivilbevölkerung. Anstatt Leid zu lindern, produzierten Militärschläge nur neue Flüchtlingsströme, "die spätestens im kommenden Frühjahr an den europäischen Außengrenzen ankommen werden", so die Organisation und fügte mit Blick auf die Versorgungslage der Menschen in Syrien und den Nachbarstaaten hinzu: "Solange das Welternährungsprogramm derart skandalös unterfinanziert ist, bleibt jeder Kriegseinsatz in Syrien eine zynische Demonstration europäischer Selbstgerechtigkeit."
Die Bundeswehr soll die Kampfjets der Anti-IS-Koalition in Syrien und im Irak mit Aufklärungsflügen von sechs "Tornado"-Maschinen unterstützen, selbst aber keine Bomben abwerfen. Die deutsche Fregatte "Augsburg" soll zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers eingesetzt werden. Ein Tankflugzeug soll mit Treibstoffversorgung in der Luft längere Angriffsoperationen ermöglichen. Der Beschluss ist eine Reaktion auf die jüngsten Anschläge in Paris, zu denen sich der IS bekannte. Die Kosten für den Einsatz werden mit 134 Millionen Euro beziffert. Bei 598 abgegebenen Stimmen votierten 445 Abgeordnete für den Einsatz, 146 stimmten dagegen, 7 enthielten sich. Die Ja-Stimmen kamen fast ausschließlich aus dem Koalitionslager. Die Linksfraktion hatte vorab ein geschlossenes Nein angekündigt, die Grünen-Fraktion eine mehrheitliche Ablehnung. (KNA, dpa)