Militärseelsorger berichtet aus Afghanistan

"Bestürzt und traurig"

Nach 23 Monaten ist wieder ein deutscher Soldat in Afghanistan getötet worden. Im Interview spricht Pfarrer Bernhard Tschullik, Militärseelsorger in Mazar-e-Sharif, über die bedrückte Stimmung unter den Soldatinnen und Soldaten.

Militärpfarrer Bernhard Tschullik (kmba)
Militärpfarrer Bernhard Tschullik / ( kmba )

domradio.de: Was macht so eine Nachricht mit den Soldaten im Camp?

Pfarrer Tschullik: Es ist natürlich eine schlimme und sehr bedrückende Nachricht. Die Soldaten sind bestürzt und traurig darüber, dass so etwas nach so langer Zeit doch wieder passiert ist, dass ein deutscher Soldat gefallen ist. Es wird einem wieder präsent gemacht, dass wir uns hier nicht in einem Urlaubsgebiet befinden, wo wir sorglos draußen umherfahren und gar -gehen können, sondern dass es immer wieder zu sehr gefährlichen Aktionen kommt. Die Soldaten sind nach wie vor einer Gefährdung ausgesetzt.

domradio.de: Sie sind als Militärseelsorger für die Soldaten vor Ort - mit welchen Problemen kommen die denn zu Ihnen - Wie groß ist die Angst vor dem Tod?

Pfarrer Tschullik: Mit konkreter Todesangst kommen die Soldaten eher nicht zu mir, vielmehr mit alltäglichen Problemen. Das geht es um das Lagerleben oder Probleme mit Familie, Partnerschaft, Ehe. Das sind die Sorgen und Nöte, mit denen die Soldaten zu uns Seelsorgern kommen.

domradio.de: Wie ist ihre Erfahrung: Kommen traumatische Erlebnisse erst dann wieder hoch, wenn man in der Heimat ist?

Pfarrer Tschullik: Es spielt durchaus eine Rolle, wenn ich etwas erlebt habe im Einsatz und  dann nach Hause komme und aus meinem Verband herausgelöst bin. Dann kann es durchaus zu diesen belastenden Erinnerungen kommen.

domradio.de: Wie empfinden die Soldaten die deutsche Öffentlichkeit beim Thema Afghanistan?

Pfarrer Tschullik: Für viele Soldaten ist es sehr enttäuschend, dass man durch die Medien immer wieder erfahren muss, der Einsatz sei sinnlos, teuer und bringe nichts. Die Soldaten leiden unter der fehlenden Wertschätzung ihrer Arbeit, die hier geleistet wird. Man darf nicht vergessen, die Soldaten sind hier nicht nur der Gefährung ausgesetzt, sondern auch den schwierigen klimatischen Verhältnissen. Das tun sie ja auch für die Regierung und die Politiker, die diesen Einsatz verantworten, und für ganz Deutschland. Da sind die Soldaten auch etwas verbittert über die Diskussionen in Deutschland.

domradio.de: Wie sehr sind die Soldaten denn von ihrem Einsatz überzeugt?

Pfarrer Tschullik: Die Soldaten sind professionaell genug, zu sehen, dass es ein Auftrag ist, der hier zu leisten ist. Und den leisten sie auch wirklich sehr gut und das unter erschwerten Bedingungen. Das empfinde ich als sehr professionel, die Männer und Frauen machen das richtig gut.

Das Interview führte Christian Schlegel.