Mehrheit der Polen rügt Regierungskurs gegen Kindesmissbrauch

Dokumentationen sorgen für Aufsehen

Im letzten Jahr hat die polnische Regierung beschlossen, eine Untersuchungskomission gegen sexuellen Missbrauch einzurichten. Passiert ist seitdem wenig. Nach Vorwürfen hat die katholische Kirche im Land reagiert. 

Symbolbild Missbrauch, Schatten eines Kreuzes / © Taigi (shutterstock)
Symbolbild Missbrauch, Schatten eines Kreuzes / © Taigi ( shutterstock )

Einer großen Mehrheit der Polen gehen die Maßnahmen der Regierung gegen sexuellen Kindesmissbrauch in der Kirche nicht weit genug. 71,4 Prozent bewerteten die Schritte in einer am Montag veröffentlichten Umfrage des Internetportals "Onet.pl" als ungenügend
oder völlig ungenügend. Nur 11,1 Prozent fanden die Regierungsmaßnahmen demnach ausreichend oder vollkommen ausreichend. Die restlichen 17,5 Prozent trauten sich kein Urteil zu. Das Meinungsforschungsinstitut IBRIS befragte landesweit 1.100 Personen.

In Polen sorgt seit dem Wochenende ein neuer Dokumentarfilm über sexuellen Kindesmissbrauch durch katholische Priester und die mutmaßliche Vertuschung dieser Verbrechen durch einen Bischof für viel Aufsehen. Das Parlament hatte im vergangenen Sommer die
Einsetzung einer Untersuchungskommission für Missbrauchsfälle in Glaubensgemeinschaften sowie im Bildungs-, Kultur-, Freizeit- und Sportsektor beschlossen. Die Kommission hat bisher aber weder mit ihrer Arbeit begonnen, noch wurden ihre Mitglieder ernannt.

Vatikanisches Untersuchungsverfahren eingeleitet

Polens katholischer Primas, Erzbischof Wojciech Polak, will die Vorwürfe aus dem Film "Das Versteckspiel" durch den Vatikan prüfen lassen. Als Kinderschutzbeauftragter der Bischofskonferenz führte er gemäß den Vorschriften von Papst Franziskus ein Untersuchungsverfahren durch den Heiligen Stuhl herbei. Die Geschichte aus dem Film zeige, "dass die in der Kirche geltenden Standards zum Schutz von Kindern und Jugendlichen nicht eingehalten wurden", so der Primas am Wochenende.

In der auf der Videoplattform YouTube veröffentlichten Doku wird der Bischof von Kalisz (Kalisch), Edward Janiak, beschuldigt, nichts gegen einen Priester unternommen zu haben, der Kinder sexuell missbraucht habe. Der Film bekam binnen 48 Stunden mehr als vier
Millionen Klicks auf YouTube. Mit ihm setzen der Filmemacher Tomasz Sekielski und sein Bruder ihre vielbeachtete Doku "Nur sag es niemandem" über sexuellen Missbrauch in der Kirche fort. Diese hatte im Mai 2019 in Polen landesweites Entsetzen ausgelöst.


Wojciech Polak brachte den Fall ins Rollen / © Grzegorz Boguszewski (KNA)
Wojciech Polak brachte den Fall ins Rollen / © Grzegorz Boguszewski ( KNA )
Quelle:
KNA